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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kretische Geschichten



Anja&Thomas
4.October.2009, 15:53
Hallo zusammen,

zurück von der Insel, sortieren wir erst mal unsere Eindrücke,
wollen Euch aber durchaus ein wenig daran teilhaben lassen.

Kali mera, Kriti

Samstag Vormittag, durch die Wolken kommt Kreta in Sicht, ungewohnt sanft setzt die Maschine auf.
Kein Vergleich mit Iraklion, das einem schon bei der Landung die Härte des kretischen Alltags offenbart.
Kreta empfängt uns für diese Jahreszeit ungewöhnlich "kühl" und regnerisch, aber was soll's, wir sind da.
Der Flughafen Chania ist übersichtlich und gut organisiert, wir müssen nicht lange auf unser Gepäck warten.
Während wir beim Hinausgehen noch wetten, welche Farbe unser bestellter Suzuki Jimny haben wird, ich favorisiere Weiß,
Anja Metallicblau, stellt sich heraus, daß da zwar ein Mitarbeiter der Autovermietung auf uns wartet, aber kein Auto.
Der Fahrer, der unseren Stoppelhopser am Vorabend vom Flughafen Iraklion zur Autovermietung überführen sollte,
hatte sich auf regennasser Straße verschätzt und war von der Fahrbahn abgekommen.
Auto kaputt, Mitarbeiter im Krankenhaus. Auf den Schreck erst mal eine Zigarette.
Man hat uns auf die Schnelle ein anderes Auto organisiert, aber dieses ist noch nicht hergerichtet.
Unser Mann von der Autovermietung steht sichtlich unter Streß, unser "dhen birasi, siga, siga!"
beruhigt ihn nicht wirklich, schließlich hat man einen Ruf zu verlieren. Wir bieten ihm auch eine Zigarette an,
aber .... er raucht nicht!! Das kann ja heiter werden. Man transportiert uns dann mit einem Kleinwagen,
unsere Reisetaschen irgendwie zwischen uns, bis zum Parkplatz vor dem Flughafen,
wo dann doch ein Auto auf uns wartet. Es ist ein Hüüüüü....., Hüüüoo...., Hüüyuu..., Hyundai Matrix mit Automatik.
Mit nem "Minibus" auf Kreta und ich, der lieber schaltet und waltet, darf Automatik fahren.....
Man versucht, uns den Wagen so schmackhaft, wie möglich zu verkaufen, bei diesen diffizilen Wetter-
und Straßenverhältnissen sei dieser Wagen sowieso viel besser und sicherer zu handhaben, als ein Suzuki Jimny,
wir bekommen aber zu unserer Freude zum nächstmöglichen Termin einen solchen zugesagt.
Nach einigen Telefonaten übers Wochenende soll der Wagentausch am Montag um 10.00 Uhr
auf dem Parkplatz der Taverne "Kalami Parking" an der New Road stattfinden.
Wir finden uns also am Montag kurz vor Zehn dort ein, mit dem Vorsatz,
bei einem Frappe gemütlich auf das andere Auto zu warten.
Falsch gedacht, Punkt 10.00 Uhr rollt unsere Suzi auf den Parkplatz.
Kreter die nicht rauchen und auf die Minute genau auf der Matte stehen, sind eine vollkommen neue Erfahrung.
Ein Blick auf den Tacho sagt uns, daß wir den Hyundai tatsächlich 300 Kilometer bewegt haben.
Unser Geländefloh ist übrigens rot.
Wir werden ihn in den folgenden knapp zwei Wochen 2800 Kilometer über die Insel scheuchen.
Aber das ist Stoff für weitere Geschichten.

VG Anja & Thomas

zimtsternschnuppe
4.October.2009, 15:59
Hallo Ihr zwei :smiley5:

Herzlichen Dank für den Beginn Eures Reiseberichtes. Das hat ja schonmal gut angefangen... :blink:

Aber dann konnte es doch nur noch besser werden, oder ?

LG

Christa - die sich auf mehr freut

Stifti
4.October.2009, 16:36
Bitte mehr erzählen - mich interessiert auch, wann Ihr auf Kreta gewesen seit. Lieben Gruss von Stifti

Sternenkind
4.October.2009, 17:14
:freu:Freue mich schon auf die Erzählungen und Fotos:freu:

nimmi
4.October.2009, 17:24
Ja mach mal weiter!
Auch kleine Erreignisse oder sogar non-Erreignisse machen mir viel spaß wenn sie mit Fingerspitzengefühl aufgeschrieben werden, und Ihr versteht diese Kunst allerdings! Freue mich auf mehr von Euch - gute Beobachter.

LG, Nimmi

Sonne
4.October.2009, 17:48
Hallo Ihr Beiden, bin gespannt, wie es weitergeht :jo:

Kreta-Klaus
4.October.2009, 19:28
Fängt ja schon gut an, Thomas!
Gruß Klaus

Varvara
4.October.2009, 20:19
Die Spannung steigt und schreit nach meeehr :freu::freu:

In Erwartung

Varvara

Henry
4.October.2009, 23:46
Hallo Anja & Thomas,

Eure Reise scheint ja interessant gewesen zu sein - bin schon neugierig auf die nächsten Folgen. :smile:

Henry

robinson
5.October.2009, 06:19
Und ich dachte, wir waren viel unterwegs.
Ich bin mal gespannt auf die 2800 km.:jo:

Anja&Thomas
5.October.2009, 06:38
Gemach, gemach,

es wird weitergehen. Aber heute startet erst mal wieder der Alltag.
Wir werden allerdings auch nicht über jeden gefahrenen Kilometer Rechenschaft ablegen.
Es waren auch einige "Leerkilometer", oder sollte man sagen, Zubringerkilometer dabei.

Bis später,

Anja & Thomas

Anja&Thomas
5.October.2009, 20:56
Es geht weiter:

Der Wespenstich

Wir sind nun schon einige Tage auf der Insel, nach den Unternehmungen der letzten Tage
ist heute mal ein Ruhetag angesagt. Wie sieht so ein Ruhetag aus? Vormittags Baden,
nachmittags eine kleine Tour durch die Gegend, irgendwo einen Frappe trinken und das Leben genießen.
Das Wetter im Nordwesten lädt heute aber nun gar nicht zum Baden ein.
Es ist windig, wolkig, ein paar Regentropfen sind auch dabei.
Unserer Lieblingsbadewanne ist sowieso Triopetra, im Süden ist das Wetter ja meist auch besser,
also packen wir unsere Siebensachen und gondeln mal eben zum Baden nach Süden, man gönnt sich ja sonst nichts.
Man könnte ja nun von Kalyves aus die New Road nach Rethymno nehmen,
von da aus über Spili nach Akoumia, dann über den Berg nach Triopetra.
Könnte man ...., wir sind aber im Urlaub und nicht auf der Flucht.
Also rodeln wir erst mal entspannt über Vamos nach Georgioupoli und von da über Episkopi nach Argyroupoli.
Hinter Argyroupoli bewegen wir uns dann in Richtung der Dörfer aus der Spülmittelwerbung,
Villariba und Villabajo ...., nein Vilandredo und Velonado mit Namen, und dann weiter nach Kali Sikia.
Wer den Abzweig nach Velonado verpaßt hat, landete bisher hinter Vilandredo und Alones auf einer Schotterpiste.
Mit einer Allradrumpel ganz gut befahrbar, mit einem PKW aber nicht unbedingt zu empfehlen.
Ein bisschen Abenteuer muß sein, wozu haben wir denn die Suzi gemietet?
Wir biegen also absichtlich falsch ab, aber oh Wunder, hinter Alones empfängt uns eine funkelnagelneue Asphaltstrasse,
so breit, daß zwei Busse ohne Probleme aneinander vorbeifahren können.
Die Straße ist aber nur bis zur Kreisgrenze oben auf dem Paß fertig ausgebaut,
ab da bis hinunter nach Kali Sikia wurde aber bereits planiert, geschottert und gewalzt.
Nun ja, dauerts halt nicht ganz so lange, bis wir in Kali Sikia ankommen.
Weiter gehts, die Kotsifou-Schlucht hinunter, wer der alten kleinen weißen Felsenkapelle nachtrauert,
sollte sich das neue Kirchlein gründlich anschauen. Da ist ganze Arbeit geleistet worden.
Hinunter nach Lefkogia, Richtung Preveli, dann querfeldein nach Drimiskos und Kerames.
Die Wanderer fluchen ganz schön, als wir sie in eine Staubwolke einhüllen.
Am späten Vormittag treffen wir in Triopetra ein. Wir schwimmen ein paar Bahnen,
braten dazwischen ein wenig in der Sonne, aber nach etwas mehr als zwei Stunden wird uns langweilig.
Noch ein kleiner Imbiß in der Taverne "Apanemia", wir verehren Stelios, dem Wirt, einen neuen Kalender,
dann setzen wir unsere Tour fort. Über Saktouria und Melambes hinunter nach Agia Galini,
welches wir heute aber rechts liegen lassen, denn wir planen, in Agia Paraskevi unseren wohlverdienten Frappe zu genießen
und dann über Agios Ioannis Richtung Kedros weiterzufahren, über Orne, Kria Vrisi und Platanos
nach Kendrochori zu gelangen und Agamemnon einen Besuch abzustatten.
Ein Abendessen bei Agamemnon ist nämlich sozusagen die Krönung eines genußvollen Tages.
Es sollte aber ganz anders kommen. In Agia Paraskevi angekommen, stellen wir zu unserem Bedauern fest,
daß die kleine Taverne geschlossen hat. Was soll's, dann eben nach Agios Ioannis hinauf.
Wir nehmen in einem Kafenio Platz, sind die einzigen Gäste, bekommen unseren Frappe,
schwatzen ein wenig in einem Kauderwelsch aus Griechisch, Englisch und Deutsch mit der Wirtin,
genießen unseren Urlaub ... , bis eine Wespe Anjas großen Zeh ungemein interessant findet.
Bevor Anja es verhindern kann, hat die Wespe zugestochen. Jetzt ist guter Rat teuer.
Wo ist die nächste Apotheke? In Agia Galini! Bezahlen, aufsitzen, los gehts.
Ich gebe dem Suzuki hinunter nach Agia Galini derart die Sporen, daß er an diversen Bodenwellen
mit allen Vieren gleichzeitig hochspringt. Anja krallt sich am Gurt fest und vergißt dabei, daß ihr Zehen schmerzt.
Dann stehen wir in Agia Galini vor der geschlossenen Apotheke. Es ist Mittwoch Nachmittag
und noch über eine Stunde Zeit, bis wieder geöffnet wird. Man könnte sich die Haare ausraufen.
Zum Glück ist der Stachel offensichtlich nicht steckengeblieben, jedenfalls schwillt der Stich weniger als erwartet.
Der nächste Gedanke ist das Health Center in Spili. Also zurück auf die Piste und die Suzi wieder fliegen lassen.
So schnell war ich noch nie in Spili, ich habe sogar die Kreter in Grund und Boden gefahren.
Im Health Center in Spili werden wir von zwei jungen Frauen empfangen, die eine im grünen Strickpulli
nimmt sich Anjas Problem an, während die andere im weißen Kittel interessiert zusieht.
Verkehrte Welt ....., das Gespräch verläuft wieder in drei Sprachen, der Stich ist wohl doch nicht so schlimm,
Anja bekommt ein handgeschriebenes Rezept für eine Salbe und zur Sicherheit eine Tetanusauffrischung,
Salbe und Injektion dürfen wir uns in der Apotheke in Spili abholen, 14,75 € bitteschön, dankeschön, fertig.
Madame im grünen Strickpulli setzt dann noch die Tetanusspritze an, erklärt die Handhabung der Salbe,
erweitert dabei ihren deutschen Wortschatz um einige Vokabeln, zahlen müssen wir nichts.
Gute Besserung, auf Wiedersehen! Kein bisschen Bürokratie, nichts, ganz einfach.
Es ist inzwischen früher Abend, wir entschließen uns dann doch, nunmehr direkt nach Kalyves zurück zu fahren.
Agamemnon darf uns ein anderes Mal bewirten.
Die Geschichte kommt aber noch.

Solltet Ihr uns jetzt für verrückt halten, weil das ja nun, abgesehen vom Ende,
in unseren Augen ein Ruhetag gewesen ist, so habt Ihr vollkommen Recht!

VG Anja & Thomas

zimtsternschnuppe
5.October.2009, 21:31
Vielen Dank für die Fortsetzung :smile:

Zum Wespenstich : Eine Wespe zieht ihren Stachel im Gegensatz zur Biene nach dem Stich immer wieder raus. Es sei denn, man haut auf das Viech ein, während es sticht, dann könnte der Stachel abknicken und steckenbleiben....

Wenn man nicht allergisch auf diese Viecher reagiert und eh immer ein Notfallbesteck mit hat, sofort mit einer halbierten Zwiebel einreiben.

Meine Oma schwörte auf Pipi - Eigenurin. Einige Tropfen auf ein Taschentuch und dann als Kompresse auf den Stich.

Nur für den Fall, dass mal wieder keine Apotheke oder ein Medizentrum in der Nähe ist.

LG

Christa

nimmi
6.October.2009, 01:56
Und ich möchte mal wissen wie ein AKTIVEN Tag bei euch denn ausseht. Ich werde schon Direktstressanfällig bei der Gedanke alleine... :laugh:

LG Nimmi

robinson
6.October.2009, 06:43
Ja ja so ein Ruhetag ist schon erholsam.:laugh:

Die Strecken die ihr gefahren seid hören sich interssant an, wär toll wenn ihr auch noch ein paar Bilder habt.

Sonne
6.October.2009, 14:08
Ja, ja.... so 'geruhsame Tage' kennen wir auch.... :blink:
Schön geschrieben, bin gespannt auf die Fortsetzung :jo:

Ilona
6.October.2009, 22:10
Hallo Ihr Zwei,

schön, dass Ihr wieder heil zurück seit. Bin gespannt auf die Stresstage :laugh:

Seid ganz lieb gegrüßt Ilona

Anja&Thomas
6.October.2009, 22:26
Hallo Ilona,

ein Stück weit durftest Du ja teilhaben :biggthump .
Die Tour kommt als nächstes.

VG Thomas

Anja&Thomas
1.January.2010, 15:50
Hallo zusammen,

ich habe endlich den Tag in der Sfakia in Worte gefaßt. Hier kommt das Ergebnis. Viel Spaß dabei!

Sfakia

Wir haben uns mit Frank und Harald, Franks Vater, zu einer gemeinsamen Tour durch die Sfakia verabredet.
Es wäre aber zu profan, von Kalyves nach Vrysses und dann über den Berg nach Chora Sfakion zu gondeln.
Da wir auch noch verschiedene Interessen verfolgen, werden wir uns erst um 11.00 Uhr
am Frangokastello treffen und von da an den Tag gemeinsam bestreiten.

Die ersten Sonnenstrahlen erhellen den Morgen, als wir starten. Wir wollen erst einmal nach Sellia,
um nach Marianne Morris zu suchen. Frank und Harald sind schon eine Stunde unterwegs,
sie nehmen den kaum nennenswerten Umweg über Spili und Agia Galini, erstens,
um in Spili zu frühstücken und zweitens, um Ilona, die Agia Galini für ein paar Tage den Rücken kehren und
sich in Chora Sfakion niederlassen will, eine Mitfahrgelegenheit anzubieten. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Anja und ich rodeln durch die Macchia, hie und da eine kleine Pause, halten auch
an der neuen Kapelle in der Kotsifou-Schlucht, um sie gründlich in Augenschein zu nehmen.
Es ist früher Vormittag, als wir in Sellia eintreffen. Erst mal beziehen wir im Kafenio Platz und
halten bei einem Frapé Kriegsrat, wie wohl Marianne zu finden wäre. Der Frapé ist ausgetrunken und bezahlt,
aber wir sind noch keinen Schritt weiter. Also schlendern wir erst mal durchs Dorf.
Eine riesige Rassekatze, augenscheinlich nicht kretischer Natur, bettelt um Streicheleinheiten,
als sie unserer ansichtig wird. Offensichtlich ein Wink des Schicksals, denn während wir noch mit der Katze spielen,
stellen wir fest, dass wir vor Mariannes Atelier stehen. Marianne empfängt uns,
wir kommen miteinander ins Gespräch, werfen einen Blick in ihr kleines Atelier, betrachten ihre Bilder.
Leider sind zum Ende der Saison nicht mehr viele übrig, sie hat aber noch einen ganzen Stapel Repros auf Lager,
von denen wir uns zwei aussuchen und ein drittes als Geschenk verehrt bekommen.
Anja und Marianne vertiefen sich in ein Gespräch über das Licht und die Farben auf Kreta,
ich stehe etwas abseits in der Tür und beobachte die Straße, als draußen Frank vorüberfährt.
„Frank!!“
Halb Sellia schreckt von meinem Ruf zusammen, Frank hat mich bemerkt,
quetscht den Suzuki in die nächste Ecke, und so stehen dann auch noch Frank,
Harald und Ilona in Mariannes Atelier. Großes Hallo, dann wird das Atelier noch einmal durchstöbert,
bevor es Zeit wird, Marianne adio zu sagen. Bepackt mit neuen Eindrücken und einigen Bildern
fallen wir aber erst noch einmal im Kafenio ein, die nunmehr zweite Kaffeepause,
ehe wir unsere Fahrt Richtung Chora Sfakion fortsetzen.

Pünktlich um 11.00 Uhr stehen wir am Kastell, und das, obwohl wir Kolonne gefahren sind und
den Treffpunkt gar nicht mehr hätten aufsuchen müssen. Frank interessiert sich,
welches der Häuser Herrmanns Haus ist. Ich zeige es ihm aus der Ferne. Wir beschließen spontan,
uns Hermanns Haus aus der Nähe anzusehen und Hermann einfach mal zu überrumpeln,
sollte er denn zu Hause sein. Hermann und seine Frau lassen sich nicht lumpen und
fahren für die unverhofften Gäste Kaffee und Kuchen auf. Aller guten Dinge sind Drei.
Es gibt viel zu erzählen, um aber den Zeitplan der beiden nicht vollständig aus den Fugen geraten zu lassen,
verabschieden wir uns nach einer knappen Stunde und nehmen die letzten Kilometer nach Chora Sfakion unter die Räder.

Bettina empfängt uns vor ihrem Haus, wir werden im „Three Brothers“ einkehren.
Für mich wird es Zeit, das Taschengeld aus der Reisekasse aufzufüllen.
Ich greife nach meiner Weste auf dem Rücksitz und stelle fest,
dass selbige samt Brieftasche in Kalyves an der Garderobe hängt.
Na Klasse, der Tag ist noch nicht zur Hälfte bestritten und schon kein Geld mehr.
Ich erkundige mich bei Bettina nach den Geldautomaten im Ort und stiefele los, Kohle nachfassen.
Den ersten Automaten finde ich erst mal nicht, also weiter zum zweiten. Dieser rückt aber kein Geld heraus,
nach dem dritten Versuch breche ich ab. Armer Automat, ist genau so abgebrannt wie ich.
Also muß ich wohl oder übel den anderen Automaten suchen. Er soll sich an der ersten Taverne befinden.
Ich frage bei einen herumstehenden Kellner nach, der versteht zwar meine Frage,
begreift aber nicht wirklich, was ich von ihm will, weil ich mal wieder den Wald vor lauter Bäumen nicht sehe.
Ich stehe direkt vor dem Automaten! Na gut, die Blamage des Tages hätte ich hinter mir, zum Glück war niemand dabei.
Mit frisch gefülltem Geldbeutel geselle ich mich nun zu den Anderen im „Three Brothers“.

Es sitzt noch jemand am Tisch, es ist Nimmi, wie sich herausstellt.
Im realen Leben genau so humorvoll wie im Forum, sind wir uns sofort sympathisch.
Wir sitzen, reden, essen und trinken, zwischendurch meldet sich Bettina kurz ab,
um Sifis, ihren Jüngsten, vom Kindergarten abzuholen. Bei uns am Tisch fehlt Sifis dann die rechte Kurzweil,
die vielen fremden Leute, die dazu noch in einer unverständlichen Sprache sprechen, sind für ihn nicht wirklich interessant.
Abhilfe schaffen ein Kugelschreiber und ein paar Blätter Papier, Sifis fängt an, Papas Kaiki zu zeichnen.
Allerdings will das Werk nicht so recht gelingen, mal ist der Rumpf zu flach, mal der Bugspriet zu dick.
Trotz Mamas Hilfe, die sich auskennt, weil sie ja seinerzeit am Kaiki mitgebaut hat,
sind bald fast alle Seiten bemalt, aber leider ohne greifbares Ergebnis.
Sifis’ Laune steigt zusehends hinunter in den Keller.
Abwechslung naht in Gestalt von Bettinas Schwägerin und deren kleiner Tochter.
Sifis und Cousine tollen temperamentvoll herum und sind somit erst mal eine Weile beschäftigt.
Nimmi nutzt die Gunst der Stunde, greift sich das letzte leere Blatt, offenbart karikaturistisches Talent und
zeichnet ein lachendes dreieckiges Gesicht. Dann legt er das Blatt wieder an seinen Platz zurück.
Die Kinder turnen mittlerweile so bunt durch die Taverne, dass Bettina Sifis wieder an den Tisch holt.
Also gut, wieder Kaiki malen. Sifis schlägt das vermeintlich letzte leere Blatt auf....
BOAH, WER WAR DAS?! Wer hat MEIN Zeichenblatt bemalt? Sifis ist not amused.
Nimmi bekennt sich zu seiner Übeltat, zur Strafe muß er jetzt ein Kaiki zeichnen.
Es ist kein Zeichenpapier mehr da, also dann direkt auf die Tischdecke.
Da kann man mal sehen, wozu Papiertischdecken gut sein können.
Nimmi gibt sich alle Mühe, lässt kein Detail aus, ein Fischernetz, eine Kajüte mit zwei Fenstern,
auch die Schiffschraube und das Steuerruder fehlen nicht, in ein paar Minuten hat er ein schönes Kaiki gezeichnet.
„Na Sifi, ist das gut so?“ Sifis ist um eine passende Antwort nicht verlegen:
„In der Kajüte fehlt die Tür!“ Nachdem Nimmi eins der Kajütenfenster zur Tür verlängert hat,
ist Sifis zufrieden und der Groll vergessen.

So langsam ist es an der Zeit, das Nachmittagsprogramm in Angriff zu nehmen.
Wir verabschieden uns von Ilona, Nimmi, Bettina und Sifis und setzen unsere Tour fort.
Als nächster Punkt steht Aradena auf dem Programm. Wir treiben die beiden Geländeflöhe
mit ungeahnter Geschwindigkeit die neue Straße hinauf nach Anopoli, die lieben Sfakioten sind trotzdem schneller und
überholen an den unmöglichsten Stellen. Die Brücke klappert ordentlich unter unseren Rädern,
wir sind angekommen. Es ist immer wieder interessant, durch Aradena zu streifen.
Die alten verfallenen Häuser, von denen einige wieder hergerichtet werden, haben ihren ganz eigenen Charme.

Nach einem ausgiebigen Fotostopp fahren wir zurück nach Chora Sfakion und von dort hinauf nach Imbros.
Bis auf das Mittelstück, an dem aber recht geschäftig gearbeitet wird, ist die Straße fertig ausgebaut.
Die erste Fahrt auf den neu ausgebauten Stücken ist ungewohnt, aber die Straße scheint doch bedeutend sicherer geworden.
In Imbros legen wir eine weiter Pause ein und beratschlagen, wie wir den Tag zu Ende bringen.
Wir haben viel gesehen, liebe Freunde getroffen und neue kennengelernt,
aber auch Frank und Harald sind der Meinung, dass es, obwohl schon später Nachmittag,
eigentlich noch zu früh ist, auf dem kürzesten Weg nach Haus zu fahren.
Also biegen wir rechts ab, nehmen die Serpentinen über Asfendos und Kallikratis
hinunter nach Asi Gonia unter die Räder und genießen die Landschaft.
Von Asi Gonia aus fahren wir weiter zum Kournassee und lassen dort den Tag bei einem gemeinsamen Abendessen ausklingen.

VG Thomas

Sternenkind
1.January.2010, 19:11
Ach Thomas , wuuuunderbar erzählt , a bekomm ich wieder Heimweh nach Frangokastello und mein Corali :smilie_engel_031:

Sabinara
1.January.2010, 19:12
Gutes neues Jahr an euch und danke für die erheiternde Geschichte, die Krönung wäre noch das gezeichnete Kaiki gewesen :smile:

Freue mich auf die Fortsetzung !

Bettina
1.January.2010, 19:33
Thomas, es war ein echet netter Nachmittag....und Sifis hatte ja auch immer dafür gesorgt, daß uns nich langweilig wird :laugh::laugh:

Sein Blick war auch echt zuuuu herrlich als er Nimmis Blattverschandelung :grin: sah!!!!

viel Spaß beim weiterschreiben :biggthump

erika
1.January.2010, 20:21
Hallo A&T!

Mir gefällt eure Art zu schreiben sehr gut. Humorvoll, aufmerksam, ruhig und sensibel. Das sind auch Eigenschaften, die euch als ModeratorInnen so symphatisch machen.:freu:

Britula
2.January.2010, 20:33
Hallo Thomas,

....vielen Dank für Deine wunderbaren Geschichten, es ist schön von Dir gedanklich auf die Insel "entführt" zu werden ! :spin:

Würde mich auch über ein paar Bilder freuen.

nimmi
2.January.2010, 22:38
Thomas, Ihr seid ja wie gesagt sehr gute Beobachter. Und besonders, wann diese viele Details aus den Gedächtnis kommen, und nicht am gleichen Tag schon aufgeschrieben, aber das weiss ich nicht. Find's immer noch schade, daß Ihr nur kurz in der Sfakia wart.

Für Sifi sollte ich das nächste Mal ein ganzes Paket Papiere mitnehmen, das scheint mir zumindest logisch.

Grüße, Nimmi