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Anja&Thomas
4.February.2008, 21:42
Hallo zusammen,

offensichtlich sind die Begebenheiten und Erlebnisse am Rande doch recht kurzweilig.
Dann will ich mich nicht lumpen lassen und noch etwas zum Besten geben.


Heute kehren wir unserem Hauptquartier in Agia Galini für ein paar Tage den Rücken.
Wir haben uns mit Frank in Agios Nikolaos verabredet, um gemeinsam durch den mittleren Osten zu touren.
Die Tage auf Kreta sind viel zu kurz, wir sind also recht früh auf den Beinen.
Die Tasche in den Kofferraum, einsteigen, Zündschlüssel herumdrehen, .... klack, aus, fertig! Nee, ne?!
"Hast Du etwa das Licht angelassen?"
"Nein, habe ich bestimmt nicht."
"Sonst irgend etwas?"
"Nein, auch sonst nichts! Offensichtlich ist die Batterie zusammengebrochen."
"Hilft nix, dann werden wir Michalis in Iraklion anrufen müssen, er soll uns ein anderes Auto bringen."
"Wenn wir jetzt, um diese Uhrzeit, Michalis anrufen, erschießt er uns durchs Telefon!
Bis er hier ist und die Modalitäten geklärt sind, ist der Tag im Eimer.
Wir werden die Suzi anschieben, vielleicht springt sie ja an.
Dann fahren wir nach Iraklion an den Flughafen und rufen von da aus an."
Wir buckeln also unseren Stoppelhopser vom Hotel am Ortseingang in Richtung Ort.
Beim Fotoladen geht es endlich bergab und der Jimny gerät in Schwung.
Reinspringen, Zündung an, Kupplung, zweiter Gang, Kupplung kommen lassen.
Unsere Suzi bockt zwei, drei Mal, dann meldet sich tatsächlich der Motor zu Wort. Er läuft. Er läuft!
Jetzt bloß keinen Fehler machen! Ich wende das Auto unten im Ort, sammle Anja ein, auf nach Iraklion.
Den Berg hinauf Richtung Timbaki wartet die erste Hürde in Gestalt eines voll beladenen Minotaurus auf uns.
Wann hat der denn seinen Tag begonnen, daß er bei Sonnenaufgang hier herumtuckert?
Zwei Kurven weiter kann ich endlich überholen. Bis nach Timbaki verläuft die Fahrt ohne Probleme.
Durch Timbaki, in dem eigentlich immer Chaos auf der Straße herrscht, fahre ich mit äußerster Vorsicht.
Wenn ich die Suzi abwürge, ist der Fall vorerst erledigt. Irgendwie ist es heute trotz der frühen Stunde ganz extrem,
alles was auf Rädern unterwegs ist, scheint sich gegen uns verschworen zu haben.
Naja, irgendwann haben wir Timbaki hinter uns gelassen, Mires schreckt uns jetzt nicht mehr,
in Gortys ist noch nichts los und durch Agii Deka rollen wir locker durch.
So langsam gewinnen wir unsere Fassung wieder, unser Auto muckt auch nicht. Wird schon schiefgehen.
Wir rollen den Hügel hinunter nach Iraklion. Um auf die New Road zu gelangen,
muß man auf der großen Kreuzung unterhalb derselben links abbiegen.
Diese Kreuzung ist wohl die chaotischste von ganz Kreta. Ich hatte mich metal darauf vorbereitet,
aber nicht erwartet, daß ich mich so weit hinten anstellen soll.
Jedefalls fahre ich am Rückstau der Linksabbieger vorbei, bis es mir wie Schuppen aus den Haaren fällt,
daß die genau da stehen, wo wir hin wollen. Den Versuch, die Suzi einzureihen,
breche ich beizeiten ab, man ignoriert mein Ansinnen geflissentlich, denn mit dem Touri vorn dran
dauert es schließlich noch eine halbe Stunde länger, bis der sich über die Kreuzung traut.
Also fahre ich geradeaus weiter, am besten runter zum Hafen und von da aus durch die Vorstadt zum Flughafen.
Die Verkehrsplaner von Iraklion machen mir aber in Gestalt einer Baustelle einen Strich durch die Rechnung.
Es bleibt uns nichts weiter übrig, als in der morgendlichen Rushhour mitten durch die Stadt zu fahren.
Irgendwann habe ich von den Faxen genug. Es muß einen Weg zum Hafen geben!
Ich biege an der nächsten Möglichkeit nach links ab und....... lande in der Marktgasse!!
Das darf doch nicht wahr sein! Platz zum Wenden ist nicht,
zu allem Unglück kommt mir aus der Marktgasse ein Auto rückwärts entgegen.
Todesmutig schalte ich das Warnblinklicht an und schere rückwärts wieder in den Verkehr ein,
was ein wütendes Hupkonzert zur Folge hat. Ein paar Straßen weiter gelingt es mir tatsächlich,
hinunter zum Hafen zu gelangen. Hier ist zwar auch viel los, aber es läuft doch bedeutend flüssiger.
Wir biegen dann noch um zig Ecken in Alikarnassos und kommen doch tatsächlich am Flughafen an.
Auf dem Parkplatz stellen wir das Auto ab, telefonieren mit Michalis,
der tatsächlich eine Viertelstunde später auf der Matte steht, um sich den Schaden zu besehen.
"Was hast du gemacht? Hast Du Licht brennen lassen?"
"Nein, die Batterie ist kaputt."
"Woher willst du wissen?"
"Ich bin Automechaniker."
Michalis nimmt mir den Schlüssel ab und startet den Wagen.
"Was hast du, er läuft."
"Ja, jetzt, von Agia Galini bis hierher ist die Batterie soweit geladen, daß er ein, zwei Mal anspringt.
Morgen früh müssen wir wieder schieben."
"Also gut, fahren wir an einen anderen Ort, Batterie prüfen."
Er heißt uns, ihm zu folgen und schon geht es wieder in die Stadt.
Noch in der Vorstadt, welch ein Glück, hält er vor einer Autowerkstatt.
Michalis palavert einen Moment mit einem Mechaniker, dieser schließt ein Prüfgerät an die Batterie an
und schlägt dann das Kreuz über ihr. Michalis hätte gern eine neue Batterie, aber sie ist nicht vorrätig. Er telefoniert kurz.
"Also gut, folgt mir, wir fahren an einen anderen Ort, um die Batterie zu tauschen."
Ich starte die Suzi, klack, nichts. Anschieben ist zu profan, der Mechaniker holt lieber ein Startgerät
und überbrückt damit die Batterie. Wir folgen also Michalis, der dem Fahrstil der Kreter alle Ehre macht.
Hinein ins Großstadtgetümmel, ich stelle fest, daß wir genau dahin fahren, wo wir hergekommen sind.
Plötzlich deutet Michalis auf einen freien Platz am Fahrbahnrand, ich biege hinein,
derweil quetscht Michalis sein Auto weiter vorn an den Straßenrand.
Wir stehen vor einer anderen Autowerkstatt. Michalis heißt uns warten und verschwindet in der Halle.
Einige Zeit später erscheint er mit einem Mechaniker, der auch gleich eine neue Batterie mitbringt.
Der Austausch derselben gestaltet sich dann doch etwas schwieriger, als gedacht.
Die Polklemmen wollen sich einfach nicht lösen. Jetzt läuft "My Big Fat Greek Wedding" live vor uns ab.
Der Mechaniker holt doch tatsächlich eine Sprühflasche mit einer blauen Flüssigkeit.
Es steht zwar nicht "Windex" drauf, aber es ist zweifelsohne Glasreiniger.
Er sprüht die Batteriepole damit ein, unter der geballten Ladung Chemieprodukt geben die Polklemmen auf
und lösen sich. Die Batterie ist nunmehr recht schnell ausgetauscht.
Während der ganzen Aktion schwant mir mit wachsendem Entsetzen, daß unser Auto
in der Abbiegebucht für Omnibusse steht. Erstaunlicherweise kommt der Bus erst, als alles erledigt ist
und wir die Fahrt fortsetzen können. Nicht auszudenken, wohin das Chaos geführt hätte,
wenn der Bus zehn Minuten früher dort hätte einbiegen wollen.
Michalis lotst uns dann noch zur Auffahrt auf die New Road, heißt, wir folgen ihm,
ignorieren dabei sämtliche Verkehrsregeln, Ampeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Oh Wunder, wir landen wieder an der großen Kreuzung, mit dem Vorteil,
daß wir jetzt nur noch nach rechts zur Auffahrt abbiegen müssen.
Michalis grüßt aus dem Auto und eilt zum nächsten Termin, während wir endlich unsere Fahrt nach Agios Nikolaos
fortsetzen können und dort am frühen Nachmittag fix und fertig ankommen.
Unser Suzuki hat uns übrigens nicht mehr im Stich gelassen,
die gemeinsamen Ausflüge mit Frank waren den Aufwand aber allemal wert.


So, Leute, das soll es für heute gewesen sein.
Unten noch ein Bildchen von unserem Stoppelhopser.

VG Thomas

Frank
5.February.2008, 06:02
Super und genauso spannend, wie am ersten Tag.
Hab die Geschichte ja fast live miterlebt.
Und stimmt, die anschließende Tage waren echt gut.
Vielleicht schreibe ich da mal was dazu.
Aber erst später :jo:
Frank

spotty
5.February.2008, 06:13
Da kann man sich doch nur wiederholen: spannend, nacherlebbar und mächtig Hunger bereitend ... auf Fortsetzungen.
Bitte mehr davon, und es kann auch schnell gehen!

Gruss
Spottyhttp://www.smileygarden.de/smilie/Nahrung/99.gif (http://www.smileygarden.de)