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spotty
8.February.2008, 08:53
Nun will ich also auf meine Art Dank sagen für diesen Thread, der bestimmt mehr Liebhaber als Kritiker finden wird ...
Leider gab es damals die Digitaltechnik noch nicht, und weil ich jetzt nicht täglich den Scanner traktieren möchte, habe ich die ohnehin nicht mehr so tollen s/w Aufnahmen einfach abfotografiert. Das erklärt den komischen hellen Fleck auf den Fotos!
Und am Ende bemühe ich mich um noch ein paar Netzverlinkungen, damit man meine Erinnerungen auch noch objektiver vertiefen kann.

Starten möchte ich mit ersten Erinnerungen an Ungarn, meinem Lieblingsland während der Sozialismusphase auf deutschem Boden. Gut, dass man an manchen Dingen hängt und diese lieber im Keller verstauben als recyclen lässt ...

Juli 1971
Ungarn ... im Westen des Ostens

Im März bin ich volljährig geworden, und so verhallen die Argumente der Eltern, dass man als Lehrling nicht nach Ungarn in den Urlaub fliegt, unerhört in der Weite meiner ohnehin Kontra-Lebensphilosophie.
Das Lehrlingsgeld (ungenügendes Engagement für das „System“ erzwingen den Weg zum Abitur über eine Baufacharbeiterausbildung) wird eisern gespart, die Erträge aus illegalem Plattenhandel nur teilweise für Zigaretten ausgegeben ... und so kann ich also bei der Interflug für 152.-Ostmark Barzahlung den Traumtrip in die ungarische Hauptstadt buchen.

Mein Freund Stefan tickt auf meiner Welle (wir haben bereits diese aktenkundige und karrierehinderliche Grenzverletzung gemeinsam erlebt – aber das ist ein anderes Thema), und so laufen wir am Abend des 26.Juli über das Rollfeld in Dresden-Klotzsche zum viermotorigen Silbervogel aus russischer Produktion.
Das Flaugefühl im Magen verstärkt sich mit dem Näherkommen der Gangway ebenso wie der gefühlte Herzschlag, denn es ist „das erste Mal“. Keiner will das Angstgefühl vor dem Fliegen zugeben, und ich arrangiere es irgendwie, dass ich NICHT am Fenster sitzen muss.
Die Gardinen (die gab es in der IL 18 tatsächlich!) werden zugezogen, ich versuche – sicherlich mit kläglichem Erfolg – nach außen cool zu wirken und dann sind die vier Motoren auch schon am Dröhnen. Mit fixierten Bremsen zittert das Flugzeug am Beginn der Startbahn, dann wird der Lärm ohrenbetäubend ... und als wir mutig die Gardine beiseite ziehen, sind wir schon ohne Bodenkontakt.
(Die Steigrate der Propellermaschine ist natürlich mit heutigem Fluggerät nicht vergleichbar!)

Knapp 90 Minuten dauert der Flug, und was in der Erinnerung haften geblieben ist, sind diese lärmenden Triebwerke und die Tatsache, dass im Landeanflug auf Budapest mein Freund die Speitüte bemüht. Haben wir zuviel geraucht? Ist es die Aufregung? Jedenfalls bin ich erleichtert, als das Holpern der Räder Bodenkontakt signalisiert.

Der Flughafenzubringer bringt uns ins Stadtzentrum, und von da aus – so habe ich in wochenlangen akribischen Vorbereitungen recherchiert, fahren wir einfach mit der alten U-Bahn (die wurde bereits 1896 in Betrieb genommen und ist somit nach London die zweitälteste Europas --- und mir scheint, das sind noch die Originalwagen) ein paar Stationen unter der Straße in Richtung des Heldenplatzes, wo wir hoffentlich am späten Abend noch in einem Studentenwohnheim willkommen sind.

Mein Straßenkarten-Auswendig-Lernen zahlt sich aus, denn schnell haben wir das Haus in einer dunklen Seitenstraße gefunden und finden Platz in einem 6-Mann-Zimmer. Die Schläfrigkeit der Zimmerkollegen verfliegt, als mir beim Ausziehen der bereits vergessene Hunni aus der Socke ins Zimmer fliegt (es gab damals einen Tagesumtauschsatz, der später auf 20 Ostmark beschränkt wurde ... und es gab irgendwie halblegale, einem Zeitungskiosk ähnelnde Buden, die tatsächlich auch an Ostmark interessiert waren, und für 100 derselben dann 400 Forint ausgaben).
Das umher fliegende Geld erzeugt allgemeine Heiterkeit, und damit ist das Eis auch schon gebrochen.
Wir fühlen uns die Folgetage wohl in der Runde junger Leute, allesamt aus dem Osten, und das nicht nur, weil die Nacht mit nahezu unglaublichen 7,50 Ostmark berechnet wird ...

Budapest ist nicht nur für den jugendlichen Touristen aus dem Osten Deutschlands eine beeindruckende Stadt mit ungleich mehr internationalem Flair, als man es im Ulbricht-Deutschland je erleben konnte.
Strassenbahnen, Autobusse und PKW drängeln sich lärmend über die zu engen Straßen von Großem und Kleinem Ring, die von Gebäuden aus der Jahrhundertwende gesäumt werden.
Diese betagten Mietskasernen mit ihren schattigen Hinter- und Innenöfen sind ebenso Ziel der Besucher aus Freundesland (zu dieser Zeit wurde ja die plakative und primitive Klassenfeindpflege mit Hingabe betrieben) wie die eigentlichen Sehenswürdigkeiten der ungarischen Hauptstadt - denn in den Geschäften, und davon gibt es unzählige, findet man auch Westschallplatten, Jerry Cotton Hefte und Strickjacken mit Ferrari Pferdchen. Also Dinge, die dem normalen DDR Bürger im Alltagsfall nicht unter die Augen kamen.

(Das trifft übrigens auf Erdnüsse genau so zu – und wenn man sich dann in einem Gieranfall gleich mal ein Kilo kauft und das „am Stück“ vertilgt, dann muss man sich auch nicht wundern, wenn derartiges Verhalten den gewöhnlichen Ostmagen überfordert ... womit ich gerade feststelle, dass ich offenbar doch schon seit frühester Jugend irgendwie vom Koch-Kulinar-Virus befallen bin)

Außer den für die Altersgruppe 18 doch ungewöhnlichen Ladenbummeln bleibt aber auch noch Zeit für die eigentlichen Sehenswürdigkeiten der Donaumetropole, und die gibt es natürlich reichlich.
Die geliehene Spiegelreflexkamera (damals hieß es, dass Praktica Kameras Weltspitze darstellen – allerdings war dies die subjektive Einschätzung der „Medien“ im Tal der Ahnungslosen) dokumentierte die Besuche auf dem majestätischem Gellertberg und der Fischerbastei (die wohl auch gut als Vorläufer von Disneyland durchgehen würde) und den sich dort eröffnenden phantastischen Panoramen ...

Die Brückenlandschaft der träge und gar nicht blau dahin fließenden Donau ist auch heute noch beeindruckend, und gerade die alten Flussquerungen wie Kettenbrücke und Freiheitsbrücke verbreiten einen Charme, den neumodische Stahlbeton- und Stahlkonstruktion im Regelfall nicht erreichen.

Das Sprachwirrwarr an diesen exponierten Stellen vermittelt ein nie gekanntes Gefühl von Internationalität, und spätestens bei den abendlichen Konzerten am Fuße des Burgberges verschwinden Klassen- und Rassen- und Systemunterschiede in einem verblassenden Stückchen Welt, das plötzlich fern und keineswegs Heimatgefühle auslösend erscheint.
Die ungarischen Supergruppen wie HUNGARIA und OMEGA knallen genauso Muskelzucken verursachend auf unsere Ohren wie andere, und unbekannte Bands. Und wir kommen mit Schweden ins Gespräch (wie gut, dass ich wenigstens in Englisch mein schulisches Engagement übertrieben hatte) und mit Amis, die eine Weltreise per Motorrad unternahmen ... und natürlich mit Leuten aus dem anderen deutschen Teil. Friedlich alle und weltoffen, und so gar nicht dem von frühen Kindesbeinen an von Staats wegen vermittelten Klischee entsprechend!


Fortsetzung folgt

Internetverweise:
*DDR Interflug (http://www.ddr-interflug.de/)*
*Metro Budapest (http://de.wikipedia.org/wiki/Metro_Budapest)*
*Tal der Ahnungslosen (http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Tal_der_Ahnungslosen)*
*Budapest (http://www.budapestinfo.hu/de)*

spotty
8.February.2008, 15:07
Ungarn ... im Westen des Ostens (II)

Zwei Wochen ist natürlich eine völlig unzureichende Zeit, um ein fremdes Land wirklich kennen lernen zu können.
So lange das Geld reichte, musste ja der Spagat zwischen den tatsächlichen touristischen Highlights und den aus den Folgeerscheinungen der sozialistischen Planmangelwirtschaft geborenen Zwängen probiert werden, und ich war schon damals nicht übermäßig sportlich...

Also war ein unbestrittener Höhepunkt unserer Budapester Untersuchungen die Entdeckung einer Art SecondHandShops unweit der nostalgischen Markthalle (die allerdings war mit dem Gewusel vor all den Ständen mit frischem Gemüse, den Paprika- und Knoblauchzöpfen, Fleisch- und Fischverkäufern allemal einen Rundgang wert!), wo mehr Schallplatten angeboten wurden als es mein Budget erlaubte.
Zugunsten von Christie und Jimi Hendrix wurde die Ernährung auf das Überlebensnotwendigste reduziert: Bier war billig und machte irgendwie satt, Erdnüsse konnte ich keine mehr sehen, also gab es dann öfters mal dieses nicht schneidbare Krümelweißbrot und ein paar Tomaten. Im Tausch gegen gute Musik.

Nicht zu weit hinten im Kopf tickte da auch der Gedanke, dass diese verbotenen Scheiben ja auch noch durch das Nadelöhr des Zolls am Flughafen Dresden musste. Meine schon damals gepflegte Leidenschaft für Krimis brachte mich auf diesen Gedanken: das Futter einer größeren Akten-/Reisetasche wurde mit einer Rasierklinge an drei Seiten sauber aufgetrennt, die Platten eingelegt und das Ganze vernäht (wie ich dann allerdings im worst case den uniformierten Einfuhrverhütern drei leere Plattenhüllen im Koffer erklärt hätte, erschließt sich mir auch heute noch nicht).

Dieses Westgefühl seinerzeit erklärt sich also mit völlig profanen Dingen, die man aber in der jugendlichen Unreife sehr wohl für wichtig genommen hat: diese Schallplatten, das Bier und die Joghurt aus Feindesland im für damalige Verhältnisse riesigen Supermarkt, den hörbar breiter gefächerten Tourismus und er Möglichkeit, Geld schwarz zu tauschen und überteuerte Farbbildchen unserer Lieblingsgruppen und von Samantha Fox kaufen zu können ... man fühlte sich politisch in Ruhe gelassen (was natürlich eine Fehleinschätzung gewesen ist für diesen Hauch eines Aufenthaltes) und irgendwie freier. Der Freiheitsbegriff war also ein recht eng gefasster.

Bereits die Römer hatten die Stadt an der Donau eroberungswert empfunden.
So konnte ich bei einem Nur-Ich-Allein-Ausflug die Ausgrabungen von Aquincum bewundern und aus allen möglichen und unmöglichen Positionen fotografieren. Es war wohl der Beginn einer Leidenschaft nach alten Steinen und deren Geschichten, die sich nie gelegt hat.

Zeit für einen Besuch der alten Bäder blieb nicht (das konnte ich später nachholen), denn das normale Ungarnbild des gewöhnlichen Touristen wird wohl weitestgehend aus den Begriffen Budapest, Balaton und Paprika zusammen gesetzt.
Also wurde noch ein Kurztrip an den größten Sees West- und Mitteleuropas eingeschoben – drei Tage mit einem weißen Nylonhemd, einer Zahnbürste und der Fotoausrüstung in einem gemieteten Zelt unmittelbar am Seeufer. Damals war touristisch der Plattensee eigentlich in Balatonfüred bzw. Siofok zu Ende.

Wir aber wollten nach Balatonakali, und es war schon mal nicht einfach, dies den Ungarn zu erklären.
Im Zug hatte ich dann die rettende Idee, den freundlichen Ungarn einfach die Karte zu zeigen und dazu einen fragenden Blick (denn das im gepflegten Sächsisch formulierte Balladunnagaahli war für den hilfsbereiten Magyaren wohl wirklich nicht zu verstehen) – und so stiegen wir richtig aus.
Der kleine Zeltplatz war zu 100% in ungarischer Hand (von den zwei langhaarigen Deutschen abgesehen), und die Kombination von ungewohnter Sprache und ungewöhnlicher Kleidung (wir entsinnen uns: ein weißes, langärmliges Nylonhemd) brachte uns schon am ersten Abend eine Einladung zum gemeinsamen Essen.

In einem riesigen Kessel wurde Fischsuppe gekocht, frisch gefangener Fogasch (ich will es mal mit Plattenseefelchen übersetzen) harmonierte bestens mit scharfen Paprika. Es war sehr scharfer, extrem scharfer Paprika. Nur noch einmal in meinem Touristenleben bin ich in eine Kneipe gerannt ... wir wählten also den falschesten aller falschen Schärfebekämpfungswege: mit Mineralwasser aus der Sprühflasche wurde diese so im Rachenraum verteilt, dass sich diese Erinnerung auch 36 Jahre danach noch frisch gehalten hat!
Wir waren übrigens die einzigen Esser aus der großen Runde, denen danach nicht nur die Tränen kamen – und wir waren aufgenommen für den Rest der viel zu kurzen Zeit.

Der Balaton mit seinem Schilf bewachsenen Ufern war damals noch sehr ursprünglich und diese Gegend weit weg vom Pauschal- und Ferienhaustourismus.
Als Fremdsprechender verkörperte man schon gewissen Neugierigkeitsreflex, und es war über lange Zeit anhaltend beeindruckend, die Warmherzigkeit und Offenheit der Ungarn zu erleben. Als ich später ein paar Brockend er schwierigen Sprache als Grundwortschatz mit mir herumschleppte, nahm diese Herzlichkeit schon fast groteske Züge an --- aber das ist ein anderes Kapitel und wohl auch Begründung für meine enge mentale Verbundenheit mit diesem kleinen Land.

UND DER BALATON WAR WARM.
In Jugendjahren versucht man seine Warmduschermentalität mehr oder minder geschickt zu verbergen ... hier konnte ich meine wahren Wasserqualitäten zeigen. Der Gang in das seichte Wasser war empfindungsmäßig nicht weit weg vom Einstieg in die häusliche Badewanne – es war ein warmer Sommer damals, und erfrischen konnte man sich in diesem Wasser nicht. Und auch nicht frieren.

Erfrischung brachten eher nie wieder gesehene Riesenpfirsische, die süß und saftig und gerade mal eine Ostmark „teuer“ bei den ab und an vorbei schauenden Händlern. Das Wort Genmanipulation war damals wohl noch nicht erfunden, und ich bedaure, von diesen monströsen Gebilden kein Foto gefunden zu haben.

Vierzehn Urlaubstage nur waren auch damals schon eine verdammt schnelllebige Zeit, doch reichten sie aus, um mich mit dem Ungarnvirus schwer zu infizieren.
Schon beim Abschiednehmen am Lagerfeuer mit den unbekannten ungarischen Freunden war da die Gewissheit, dass es ein da capo geben wird. Dass es dies gleich zwölffach geben (sicherlich auch ein wenig den hervorragenden Reisemöglichkeiten der Arbeiter- und Bauern Diktatur geschuldet) würde, konnte ich damals nicht ahnen.

Der Rückflug, wieder mit dieser grundsoliden und nicht zu schnellen, dafür aber um so lauteren russischen Maschine ist nur insofern bemerkenswert, dass diesmal ich den Sinkflug mit dem Griff zur Tüte begleitete ... möglich, dass der rapide näher rückenden Zollkontakt eine der Ursachen darstellte.
Diese Unruhe war jedoch völlig unbegründet, denn die Zöllner winkten mich durch.
Ob das nun meinem jugendlichen Alter oder der Tatsache geschuldet war, dass besagtes Nylonhemd irgendwann weniger weiß gewesen ist, und auch nicht mehr ganz so frisch (und ich damals kein Deo kannte), kann nur spekuliert werden ....

Die Platten habe ich irgendwann verschenkt, die Bilder behalten. Gut so, denn sonst hätte es diesen Text so nicht gegeben!

Internethinweise:

*Plattensee (http://de.wikipedia.org/wiki/Plattensee)*
*Fischsuppe (http://www.mamas-rezepte.de/index1.htm?rezepte2/suppen/ungarischefischsuppe.htm~unten)*
*Markthalle Budapest (http://www.budapest-service.de/sehenswertes-budapest-markthalle.shtml)*
*Samantha Fox (http://www.superstarlinks.de/star.php?id=samantha)* und wer sie auch unbedingt singen hörn möchte, dann geht das *hier (http://www.myvideo.de/watch/155618)*

Nein, natürlich werden jetzt nicht 12 Folgen Ungarn geschrieben --- ich denke, einmal noch auch zum Unterschied des Empfindens als Ost- und später Westtourist --- aber das dauert noch!

Frank
8.February.2008, 15:31
Suuuuuper! Auch einer meiner ersten Auslandsurlaube zu Friedenszeiten ging nach Ungarn, nach Agard, am Velence-See. Ich war allerdings erst 8 Jahre alt, so dass meine Erinnerungen sich auf Coca-Cola und Pepsi-Cola beschränken.
Aber ich war inzwischen auch schon sieben Mal im Reich der Magyaren. Und mit Sicherheit werde ich dort auch noch einmal hinfahren.
Frank, der diesen Bericht verschlungen hat.

P.S.: Zum Fogas(ch): ist ein Zander, also eher kein Felchen (Forellenart).

mino
8.February.2008, 15:39
ich kenne Ungarn nur von einer einwöchigen Dienstreise (1976 glaube ich), aber genauso war es dort.
Spotty, du schreibst wirklich gut.:)

MucKP
22.February.2008, 13:07
Jó napot kivánok,

Magyarország szép ország! (oder so ähnlich ... hab wieder viel von der Sprache vergessen)

Mein erster Begenung mit Ungarn war 1987, wo ich zu einer Hochzeit eingeladen war. Kurz hinter Budapest. Szada in der Nähe von Gödöllö
Donnerstag um 18 Uhr ins Auto gestiegen (wohnte damals noch in Holland) und Freitags um 12 Uhr dort.
Mein Kumpel lernte mir unterwegs die wichtigste Sätze/Worte: nem Sör, nem bór, nem palinka! Kein Bier, kein Wein, kein Palinka

Freitagnachmittag die Vorbereitungen zur Hochzeit mit großem Interesse angeschaut. Glaube, dass das halbe Dorf geholfen hat ....
Am Abend dann "Küchengeplauder" mit gleichaltrigen dort. Über Gott und die Welt "diskutiert" .. mit Händen und Füßen, Papier und Stift und Wörterbücher.

Samstag Hochzeit. Ein sehr schönes Erlebniss, was immer noch gut in der Erinnerung ist. Gefeiert bis 4 in der Nacht.
Am Sonntag dann um 12 wieder ins Auto um am Montag so gegen Mittag wieder (hundemüde und kaputt, aber glücklich) wieder zu Hause zu sein.

Danach sind wir regelmäßig nach Ungarn gefahren. Bekannten dort besucht, Budapest des öfteren angeschaut, die Pustas durchfahren bis nach Debrecen, die Höhle von Aktelek besucht und natürlich Campingurlaub am Balaton gemacht. Darüber bekamen wir viel Kontakt zu DDR Leute, die wir dann auch noch zu Ost-Zeiten in der DDR besucht haben. So hab ich auch noch kurz die DDR kennen gelernt und meine inzwischen Ex-Frau.

Waren schöne Zeiten und bei dem Beitrag über Ungarn kam das wieder hoch ;-)

A visontlatasra
Paul

spotty
22.February.2008, 14:38
Ja, wenn man mit ein paar ungarischen Brocken aufwarten konnte, wurde der Aufenthalt spürbar preiswerter ... denn so viel Einladungen konnte man nicht annehmen und wer schon mal nach einem Informationtrunk aus dem kühlen Weinberg in die heiße Sonne getreten ist --- mehr weiß ich gar nicht mehr ...

Ein richtiger Erlebnisurlaub war eine Rundfahrt, die ich mal in die Karte eingemalt habe. Zwei Wochen mit dem Skoda S 100 (http://www.skodamuseum.dk/de/bilerne-txt_de.htm), und jeden Tag irgendwie im Auto geschlafen ... das wäre dann aber schon wieder eine neue Geschichte!

Gruss
Spottyhttp://www.smileygarden.de/smilie/Nahrung/99.gif (http://www.smileygarden.de)

Manniki
22.February.2008, 15:54
Ich war 89 das erste Mal am Balaton war schön und ein erlebnis besonderer Art war eine Rundfahrt mit Trabbi um den Balaton.

Kretamum
22.February.2008, 16:54
Spotty - ein sehr interessanter Bericht ... Du solltest dieser Deiner Berufung zum Schreiben ernsthaft folgen :jo:

Ungarn war für mich vordergründig immer durch den Film "Piroska" verkörpert, bis ich 1981 das erste Mal am Plattensee in Kesthely bzw. Vonjarcvashegy ein paar Tage verbringen durfte. Für mich sozusagen der erste Blick hinter den "Eisernen Vorhang". Ich habe mich also Ungarn von der anderen Seite her genähert, nicht ein Schritt in die Freiheit und Moderne, sondern ein Schritt in die Gegenrichtung, zurück. Um ein paar absolut lächerliche Schillinge lebten wir eigentlich in Saus und Braus.

Auch wir haben damals den Baustein zu einer sehr schönen und wohl immerwährenden Freundschaft zu drei Brüdern, die mit ihren Familien nebeneinander drei Häuser mit Fremdenzimmern gebaut hatten, gelegt. In den Jahren danach waren wir jedes Mal Helfer bei der Weinlese (bzw. viel mehr noch beim nachfolgenden Fest am Lagerfeuer mit originial ungarischem Kesselgulyas). Durch meinen Mann kamen wir dann in Kontakt mit der Polizeistation in Kesthely - seither finden ziemlich regelmäßig zwei Mal jährlich (in Wien und in Kesthely) österreichisch-ungarische Polizei-Fußball-Freundschaftsmatches statt und ganz gegen den Trend unserer Nationalmannschaften :grin: sind auch die Österreicher regelmäßig siegreich.

Auch die Paprika-Episode gibts zu vermelden - unsere Kinder haben diese kleinen, *gefährlichen* Teile "nur" angegriffen ... man macht sich keinen Begriff, wie das ist, wenn man sich plötzlich fünf verzweifelt schreienden Kindern mit rotem Mund und noch mehr geröteten Augen gegenüber sieht, wie unsere Helden das geschafft haben, sich Mund und Augen zu verbrennen, wird wohl ewig ein Rätsel bleiben. Unsere Männer haben natürlich tapfer die Kostprobe absolviert und so manch eine Schmerzensträne zerdrückt.

Gefürchtet waren von uns die ungarischen Zöllner, ehrfurchtsvoll schweigsam ließen wir immer die Formalitäten über uns ergehen und auch die Kinder - sonst ja nicht unbedingt so immer folgsam - spürten wohl den "eisigen Hauch des Ostens" und benahmen sich immer mustergültig. Wrigleys Kaugummi war bei unserem kleinen Grenzübergang von den ungarischen Zöllnern übrigens heiß begehrt ... da war die Kontrolle meist schnell vorüber, was ja beim Zurückfahren wegen des gefüllten Kofferraumes absolut nicht unangenehm war.

Der Fogasch heißt bei uns in Österreich "Fogosch" und tummelt sich auch im Neusiedlersee :)

Und um - eh klar, ist ja ein Beitrag von Spotty - auch kurz zum Thema Kochen zu kommen, ich krieg in Ungarn noch immer die besten Holzkochlöffel .. in jeder gewünschten Größe.

Manniki
23.February.2008, 08:32
Am Zoll hatten wir auch ne schöne Episode .Wir waren mit 6 Männern Angelurlaub am Balaton machen 2 Autos. Wobei ich das Transportauto war,bei der Ausreise( 100 FL. Krimsekt versteckt) wurde ich von einem Zöllner angehalten ( muffe hoch drei) er hatte wohl die Angeln gesehen und sich mit mir und meinem Beifahrer unterhalten wo wir denn angeln waren und er gab uns Tipps fürs nächste mal. Nach 10 MIN. Hupte der Fahrer hinter uns ,was dem Zöllner gar nicht gefiehl,der Zöllner wünschte uns noch ne gute Heimreise und sagte der Hintermann würde seine Heimreise noch etwas verschieben müssen ,wir fuhren weiter und hielten direkt hinter dem Zoll um auf unser 2tes Auto zu warten . Der Hintermann wurde zur Seite gewunken und musste alles, aber wirklich alles aus dem Auto entfernen auch die Sitze
ja so ist das wenn man an der Grenze keine Zeit hat.:biggthump

lommel
25.February.2008, 19:21
Toller Bericht Spotty.
Das erinnert mich doch an meine Jugendzeit, unterwegs auf den wenigen Routen und zu den wenigen Zielen die uns blieben. ( Ungarn, Böhmerwald, Tatra und später Bulgarien). Aber eine geile Zeit war es doch.
Gruß Lommel, der auch Sachse und ( Rand )-Chemnitzer ist.

spotty
26.February.2008, 07:15
Gruß Lommel, der auch Sachse und ( Rand )-Chemnitzer ist.

Ich bin ja auch nur ein "Eingeheirateter" (Chemnitzer) ... und werde auch nach zehn Jahren immer noch als Dresdner identifiziert. Aber die Stadt ist viel besser als ihr östlicher Ruf ... und die nähere Umgebung (Erzgebirge) sehr schön.
Deshalb habe ich auch keine Ahnung, wie weit denn "Randchemnitz" sein könnte .... ist ja aber auch völlig *off topic*, klar.
Unsere Reisemöglichkeiten waren schon sehr überschaubar - über nichtsdestotrotz sind dann eben auch eine Menge Erinnerungen aufgestaut, die (vielleicht nicht immer) erzählenswert sind.

Ich scanne jetzt mal paar alte Bilderchen, und bald geht es weiter ... auch durch den ehemaligen Ostblock.

Gruss
Spottyhttp://www.smileygarden.de/smilie/Nahrung/99.gif (http://www.smileygarden.de)