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hermann
7.March.2008, 15:49
Teil 1:

So, nun hatte ich mal kurz Zeit ein paar Impressionen aufzuschreiben.

Wir waren ja wieder mal kurz weg. Wie ich schon berichtete, diesmal in SüdSüdSüdSüd-Kreta. Libyen war diesmal unser Ziel.
Na und so weit weg von Kreta ist das ja gar nicht. Südkreta liegt wohl näher an Libyens Nordküste als bei Athen. Uns hat es allerdings noch mal gut und gern fast 2000 km weiter in den Süden verschlagen, zu unserem Lieblingsziel --- der Wüste Sahara !

Samstag, 02. Febr. 2008: Spätnachmittags fliegen wir von Frankfurt nach Djerba in Tunesien, übernachten dort und fahren Sonntag früh mit dem Bus die etwa 120 km zur tunesisch-libyschen Grenze bei Ras Ajdir.
Der Grenzübertritt ist etwas abenteuerlich.
Noch in Tunesien etwas libysche Dinar eintauschen, dann die Ausreiseformalitäten aus Tunesien (die gehen ja noch relativ flott), und anschließend die Einreise nach Libyen.
Nachdem wir schon in D unseren Reisepass ins Arabische übersetzen und beglaubigen lassen mussten, keine „falschen“ Stempel drin haben dürfen und mindestens 700 Euro Bares bei uns zu tragen haben (kontrolliert hat es jedoch niemand !), werden nun die Visa eingestempelt, kontrolliert, bestätigt, noch mal kontrolliert, wieder bestätigt und ........ Adham, unser libyscher Reisebegleiter managt das jedoch alles routiniert, so dass nach etwa 1 Stunde alles erledigt ist und wir einreisen können.

Mit einer gönnerhaften Geste begrüßt uns der große Revolutionsführer von haushohen Wandbildern (Bild 1) und stellt uns ab sofort einen (allerdings wirklich netten und umgänglichen Zivil-) Polizisten zur Seite, der uns die nächsten zwei Wochen bis zu unserer Ausreise begleiten wird.

Bald schon verlassen wir die mediterrane Zone (kommt klimatisch Kreta recht nahe) und fahren noch knappe 700 km relativ brauchbare Asphaltstraße, immer Richtung Süden. In Nalut machen wir einen Stop und sehen uns die historische Altstadt mit ihrer tollen Speicherburg (Bild 2) an.
Am späten Abend treffen wir im ehemaligen Karawanenstädtchen Ghadames ein.

Ghadames, das Tor zur Wüste. Eine letzte Hotelübernachtung, Sonnenaufgang gegen sieben Uhr, der Morgen ist recht frisch, man kann die nahe Wüste förmlich riechen.
Nach dem Frühstück zeigt uns ein Stadtführer („Ich habe vor 20 Jahren in Dresden Fernmeldetechnik studiert !“) die wirklich sehenswerte (und recht gut erhaltene, UNESCO geschützte) Altstadt mit ihrer Lehmarchitektur, den engen kühlen Gassen, den hellen sonnenbeschienen Dächern und den herrlichen Palmengärten dazwischen. (Bild 3)

Gegen Mittag zurück zum Hotel. Dort treffen wir unsere neue Crew, (Bild 4) die uns die nächsten 10 Tage mit den Geländewagen ca. 1700 km durch die Einsamkeit der Wüste führen wird.
Raus aus der Stadt, die Müllberge lassen wir bald hinter uns und dann sind wir da.
Es gibt keine Straßen mehr, keine anderen Autos, keine Menschen, nur noch unsere Begleiter, die Wüste in ihrer ganzen Herrlichkeit, und uns.

Abends wird es so gegen sieben dunkel, also lagern wir ab sofort meist so gegen 5 in der herrlichen Spätnachmittagssonne, es bleibt Zeit zum Einrichten, Zeltbau, einen kleinen Abendspaziergang in der Nähe oder auf die nächste Düne, für ein paar digitale Erinnerungen, einen herrlichen Tee oder Kaffee.
Und so bald die Sonne hinter dem Horizont versinkt, wird es schnell dunkel und schlagartig kalt (um nicht zu sagen „ar...kalt“ !).
Unser Koch zaubert uns jeden Abend ein tolles Essen, Cous-Cous, Reis mit Gemüse, Spaghetti oder ähnliches. Allen Respekt, was er so täglich mit den wenigen Möglichkeiten, die ihm gegeben sind, für uns aus dem Hut zaubert.
Essen gegen halb acht, dann erzählt uns Uwe, unser Reiseleiter meist eine halbe Stunde Wissenswertes über die Region, das Land, die Geschichte, den Islam, die Tuareg, - immer sehr informativ und auch unterhaltsam.

Für ein langes Stelldichein am Lagerfeuer (Bild 5) fehlt uns zumindest in den ersten Tagen der Mumm, es ist wirklich extrem kalt, so dass wir froh sind, wenn wir uns in unseren warmen Schlafsack rollen und dem nächsten Tag entgegenträumen können.

So ist die Wüste eben:
Am Tag brennt die Sonne gnadenlos vom stahlblauen, wolkenlosen Himmel, (Bild 6) und obwohl die Luft manchmal sogar kalt daherkommen kann (ist ja schließlich auch dort Winter) verbrennt sie innerhalb kürzester Zeit die Haut, hauptsächlich die Nase, die Lippen, wer sich hier nicht schützt hat verloren.
Die Nacht ist herrlich klar, Millionen von Sterne verwandeln den Himmel in ein unbeschreibliches Spektakel. Auch bei Neumond leuchten die Sterne immer noch so hell, dass man durchaus Gegenstände ganz gut erkennen kann. Später dann, als die liegende Mondsichel zum Vorschein kommt, wirkt alles manchmal fast kitschig, klischeehaft, wie aus einem schlechten Film. --- Aber es ist tatsächlich so, alles ist real !

Das merkt man spätestens in der ersten Nacht im Freien.
Gnadenlose sechs Grad minus !
Noch vor Sonnenaufgang ist Wecken, es ist mir täglich ein Gräuel aus dem angenehm warmen Schlafsack hinaus in die Kälte zu gehen. Aber wat mut, dat mut !
Anziehen, packen, Zelt abbauen, Auto beladen. Wir machen das wirklich gerne, uns wird schön warm durch die Bewegung.
Dann Frühstück gegen halb acht. (Bild 7)
Sehnsüchtig warten wir alle auf die wärmenden Sonnenstrahlen.
Und je nach Lagerplatz und Höhe der Dünen kommt sie ein wenig früher oder auch manchmal später, dann verziehen sich manche mit ihrem Morgenkaffee auf die nächste Düne, wo sie schon scheint.
Und dann geht es schlagartig; Ist die Sonne erst mal da, wird es sofort angenehm warm auf dem Körper und schon nach wenigen Minuten kann man Stück um Stück seiner Zwiebelschale ablegen, Parka, Wollmütze, Handschuhe, Norwegervlies.
Kurz nach dem Frühstück brechen wir auf.

Täglich gehen wir frühs etwa eine bis eineinhalb Stunden zu Fuß durch die Wüste, (Bild 8) bis uns die Fahrzeuge eingeholt haben und wir weiterfahren.
Das ist toll, gehen in der Wüste ist Meditation.
Dazu spürt man, wie langsam das Leben in einem zurückkehrt, wie es schön warm wird, und so gegen 10, bevor wir in die Autos steigen ist dann Sommer angesagt, Hemd, T-Shirt, Sandalen, bald schnellt das Thermometer nach oben und erreicht die normale Winter-Tagestemperatur von 22 bis 26 Grad, weit im Süden auch schon mal bis 28.
Nach zwei bis drei Stunden Fahrt ist Mittagspause angesagt.

Dazu suchen unsere Fahrer normalerweise schöne sonnige Aussichtsplätze aus, allerdings mit der Möglichkeit, sich auch Schatten unter einer Akazie oder einem Felsen zu suchen, die Sonne sticht schon wieder gnadenlos.
Unser Koch zaubert ein herrliches Mittagsmahl, meist eine Salat/Gemüseplatte mit Erbsen, Bohnen, Kichererbsen, Oliven, Tomaten, Gurken, Eiern und Thunfisch oder Sardellen aus der Dose. Sieht immer toll aus und schmeckt auch so !
Gut essen, ein kleines Nickerchen in der Sonne, nach zwei Stunden Pause geht die Fahrt weiter bis abends gegen 5 zum nächsten Nachtlager irgendwo in der Wüste.

So fahren wir 10 Tage durch die herrlichsten Gegenden Libyens, ja eigentlich der ganzen Sahara. Wir haben schon viele unterschiedliche Gegenden der Sahara gesehen, Ägypten, Algerien, Marokko, Mauretanien, aber auch andere Wüsten dieser Welt, - alle waren wunderschön.
Aber Libyen hat alles bisher Gesehene einfach noch einmal übertroffen ! (Bilder 9 - 14)

Einzelne Stationen unserer Reise und ein paar schöne Bilder dazu dann im zweiten Teil.

Viel Spaß dabei.
Gruß hermann

spotty
7.March.2008, 16:32
Faszinierend, einfach faszinierend.
Wenn ich diese Bilder sehe, fast möchte man meinen ... nein, ich finde die richtigen Worte nicht.
Und lass Dir nicht zu viel Zeit mit weiteren Berichten, bitte !!!

Gruss
Spottyhttp://www.smilies-and-more.de/pics/smilies/various/009.gif

Kreta-Klaus
7.March.2008, 18:45
So falsch lag ich wohl doch nicht, als ich dieses Unterforum gebastelt habe.
Faszinierend Hermann, so können wir unseren bescheidenen Kretahorizont sehr schön erweitern.
Danke Klaus

Ilona
8.March.2008, 00:08
Hallo Hermann,

Dein Bericht ist absolut traumhaft, da möchte ich auch so gern sein (aber so wie ich wahrscheinlich nicht ans Nordkap reise, wird mein Schatz auch nicht in die Wüste reisen :fightred:)

Grüßchen Ilona

Dorli
8.March.2008, 07:44
Die Bilder einfach nur wow!

hermann
8.March.2008, 09:45
Hallo zusammen,

Freut mich, wenn es Euch gefällt.

Mal sehen, wie es mit Zeit am Wochenende aussieht, vielleicht gibts schon Nachschlag.

Hallo Jlona, täusche Dich mal nicht, was die Temperaturen angeht.
Ich wollte nie ans Nordkap, wegen der Kälte. (wie Frank erzählte, Du auch nicht !)
Und alle Wüsten die wir bisher kennengelernt hatten, erlaubten immer Schlafen im Freien, sogar ohne Zelt, bei meist 15 bis minimal mal 8 Grad, das war immer herrlich.
Bis auf wenige Male, wo wir auch mal 0 Grad hatten, das ging aber immer.

Nur dieses Mal ! Kaum eine Nacht im Plusbereich.

Es war auf dieser Reise nachts wesentlich kälter als auf unserer Nordkap-Reise, dort hatten wir nachts meist so 10 Grad oder mehr, bis auf eine Nacht direkt am Kap mit 4 Grad.

So kann man sich täuschen !

Aber so ist das halt mit dem Wetter, auf Kreta schneit es an den Stränden, in der Sahara friert es nachts, und in D sitzen wir im Februar in den Straßencafes.

Schönes WE

hermann

Dicksaiter
8.March.2008, 10:56
Siehste Ilona, ich hab's doch schon immer gewußt!
In der Wüste ist's bitter kalt und am Nordkap schön warm!
Dann fährst du eben in die Wüste zum Klappern und ich an's Nordkap zum Baden! http://www.backside-band.de/gifs/baeh2.gif

Grüßchen, Frankus http://www.smilies-and-more.de/pics/smilies/cheeky/154.gif

Hübi
9.March.2008, 17:06
Danke, daß wir daran teilhaben durften. Ein unvergeßliches, faszinierendes Erlebnis. Wir freuen uns auf die Fortsetzung.

hermann
10.March.2008, 11:42
Hallo zusammen,

hier gehts nun weiter:

Teil 2:

Nach unserer ersten kalten Wüstennacht fahren wir weiter, außerhalb jeder Zivilisation, immer Richtung Süden, durch faszinierende Fels- und Geröllwüsten. Wir sehen versteinerte Bäume (Bild 1), mit Wüstenlack überzogene, riesige Mondlandschaften (Bild 2), die bis zum Horizont reichen, fahren dann durch schöne Wadis bis zum Erg Ubari, einer kleinen Sandwüste mit schönen Dünen (Bild 3).

Am nächsten Tag: Erste Ausläufer des Akakus-Gebirges am Horizont, riesige Täler, unvorstellbare Weiten, die wir durchqueren, und immer wieder Sand, in den unterschiedlichsten Farben von schneeweiß über hellgelb, orange, rot, bis hin zu dunkelbraun und grau, auch mehrfarbig aufeinandergeschichtet, die Trennlinien wie mit dem Lineal gezogen. (Denkt bitte nicht, die Wüste sei eintönig, sie ist so was von abwechslungsreich und interessant.) Faszinierend schön ! (Bild 4 und 5)

Am fünften Tag passieren wir das Wüstenstädtchen Ghat (Bild 6). Wir besichtigen die Altstadt und die Festung hoch über der Stadt und kehren dann in einem Cafe ein.
Bald ziehen wir weiter, passieren den Idinen, den legendären Geisterberg der Tuareg (Bild 7) und kommen dann zu einem kleinen Camp in Al Awaynat.
Hier können wir uns ausgiebig den Sandstaub der Vortage vom Körper duschen (Bild 8).
Ein fast komisches Gefühl, so ganz sauber und frisch eingekleidet, fast irgendwie unpassend.
Und schon gleich nach dem Mittagessen und einem ausgiebigen Teeplausch zieht es uns wieder in die Wildnis.

Das Akakus-Gebirge mit seinen schwarzen Felsmassiven und seinen staketenartigen Fingerfelsen in leuchtendgelbem Sand (Bild 9 und 10).
Dieses Panorama, der Ausblick aus dem Zelt (Bild 11), und die Morgenwanderung durch diese Landschaft. Unvergessliche Momente.
Hier ist es so traumhaft schön, dass wir eigentlich gerne länger bleiben möchten.
Doch es gibt noch viel mehr zu sehen, und Uwe treibt uns voran !

Erste Felszeichnungen und bis zu 10.000 Jahre alte Felsgravuren (Bild 12) säumen die Felsüberhänge der ausgetrockneten Flusstäler Wadi Techuinet und Wadi Anshalt und berichten von besseren Zeiten vor einigen tausend Jahren.

Am nächsten Morgen wandern wir wieder durch diese herrlich abwechslungsreiche Landschaft zum Elefantenfuß, einem skurrilen Felsgebilde in einem alten Flussbett (Bild 13).

Und ganz selten begegnen wir auch Menschen. Nomaden, die hier in irgendeinem Wadi, unweit eines Brunnens ein karges Auskommen gefunden haben. Eine kleine Ziegenherde, ein paar Kamele, eine Hütte aus Natursteinen und Zweigen, das reicht wohl aus (Bild 14).

Dann erreichen wir den südlichsten Punkt unserer Reise, den Fozzidjaren-Bogen. Ein überwältigendes Bauwerk der Natur, 80 Meter hoch, in Jahrmillionen von der Natur geschaffen (Bild 15). (Wer das Bild etwas vergrößern kann, achte mal auf den kleinen gelben Punkt unten, in der Mitte des Torbogens. Um mal einen Größenvergleich zu kriegen, hat sich ein freundlicher Helfer ins Bild gestellt.)

So weit, so gut für heute.
Viel Spaß dabei.

Es folgt dann noch ein dritter Teil.

Gruß hermann

spotty
10.March.2008, 13:29
Faszinierend, einfach faszinierend.

Spottyhttp://www.smilies-and-more.de/pics/smilies/various/009.gif

Ganz klar: dem sind keine anderen Lese- und Betrachtungsemotionen beizufügen.
Wie aus einer anderen Welt ...

Immer weiter so, mein Lieber!

Spottyhttp://www.smileygarden.de/smilie/Nahrung/99.gif (http://www.smileygarden.de)

Kretamum
11.March.2008, 07:49
Ich kann auch nur sagen ... wirklich faszinierend :jo::jo:
Und traumhafte Bilder!

Allerdings mischt sich momentan auch Gänsehaut dazu, seitdem ich in den Morgennachrichten gehört habe, dass unser in der Wüste (in Tunesien)
vermisstes österreichisches Urlauberpärchen A-K-Terroristen in die Hände gefallen ist.

hermann
12.March.2008, 09:46
Ach Reinhilde,

das ist immer so eine zwiespältige Geschichte.

Wir jedenfalls haben bei unseren vielen Reisen in die arabisch/islamische Welt durchweg nur nette, zuvorkommende, freundliche Menschen kennengelernt, die oft ihr letztes Hemd geben wollten, um uns ihre Gastfreundschaft zu beweisen. Und es hat uns viel Mühe gekostet, das zu verhindern.

Ich schäme mich dann oft. für den Umgang, den Viele im umgekehrten Falle hier bei uns erfahren. (Ich weiß natürlich auch, daß sich Viele derer dann eben auch nicht so verhalten, wie es von ihnen erwartet wird. Ok.-aber lange nicht alle !)

Konflikte oder gar Angst sind uns immer fremd gewesen.

Wir waren z.B. ein Jahr vor der großen Entführungsgeschichte (Gräberpiste) in der algerischen Wüste unterwegs.
Wir waren exakt 1 Jahr vor der Entführung des deutschen Außenstaatssekretäres in Aden (Jemen) ebenfalls am gleichen Ort.
Und unser deutscher Reiseleiter war zwei Jahre vorher Opfer einer Entführung durch Dorfscheichs im Bergjemen. Er wußte nur Gutes davon zu berichten und besucht seine "Gastgeber" noch heute !
Wir waren auch vor drei Jahren als eine der ersten deutschen Kleingruppen wieder in Mauretanien, nachdem dort über lange Zeit Reisen als gefährlich eingestuft war. Und obwohl dort jetzt wieder zwei schwerwiegende Vorkommnisse waren, würden wir heute wieder hinfahren.

Natürlich ist eine potentielle Gefährdung nie ausgeschlossen, das ist klar.
Der persönlich erlebte Gefährdungsfaktor liegt jedoch bei Null, ganz im Gegenteil, unsere einheimischen Begleiter geben uns durchweg das Gefühl von Sicherheit und Schutz, ja oft sogar Geborgenheit.

Meines Erachtens ist es in der dortigen Welt nicht anders als hier bei uns auch:
Es gibt eine überwiegende Zahl (Gottseidank die Meisten) von normalen, gutsituierten Menschen und ein kleines Potential an Extremisten des äußeren Randes. Und die bringen alle anderen in Verruf.

Und wenn bei uns in einer deutschen Kleinstadt ein Farbiger zusammengeprügelt wird, erweckt dies im Ausland auch der Anschein, als wären in D alle Farbigen potentiell gefährdet. Daß jedoch auch bei uns der allergrößte Teil der Bevölkerung eine solche Vorgehensweise mißbilligt, geht oft verloren.

Und so ist es wohl auch mit der Meinungsbildung über die arab./isl. Welt hier bei uns. Nicht jeder Araber ist Mitglied bei Al Kaida.

Und wenn ich die gelegentlichen Fälle des weltweiten Extremismus aufzähle und dann meiden wollte, dürfte ich wohl künftig nur noch zu Hause bleiben.

Denn neben den Orten, die ich eben schon aufgezählt hatte, wie Algerien, Mauretanien, oder die Gewalttaten in Ägypten, dürfte man dann wohl auch nicht mehr nach London, New York, Bali, Madrid, auf die Philippinen, nach Djerba oder gar nach Berlin (Discothek La belle) reisen. Und selbst das Fahren mit der deutschen Bahn kann gefährlich sein (siehe vereitelte Attentate !)

Extreme Spinner wird es leider immer geben und wir können eben nur hoffen, daß sich dort, wo sie sich gerade austoben, nicht gerade viele Menschen (und noch besser gerade nicht Wir - Entschuldigung für den Egoismus!) aufhalten.
Und nichtsdestotrotz werden wir gerne und viel weiterreisen !

Lieber mag ich mal irgendwo in der Wüste ins Gras (blöder Spruch, gibt nur selten welches dort !) beißen, als zu Hause auf´m Sofa dahinvegetieren.

Den beiden Österreichern wünsche ich, daß das Abenteuer schnell und gut zu Ende geht.

Gruß hermann

hermann
22.March.2008, 13:10
Teil 3:

Ostersamstag, draußen Schneeregen, drinnen brennt der Kachelofen – Zeit zum Schreiben !
Heute gibt’s den dritten Teil:

Mächtige Felsüberhänge mit Felszeichnungen boten schon den Bewohnern vor Jahrtausenden schöne Ausblicke (Bild 1).
Heute ist unser letzter Tag im Akakus-Gebirge. Wir stehen auf einem herrlichen Aussichtsplateau und saugen das Traumpanorama noch einmal in uns. (Bild 2).

Unser Nachtlager bauen wir heute im Erg Uan Casa auf, einer beeindruckenden Dünenlandschaft mit rötlichen Sandformationen.(Bild 3).
Abends beim Essen kochen besucht uns eine kleine Wüstenspringmaus. Sofort ist sie zutraulich und frisst unserem Koch Salatabfälle direkt aus der Hand.
Offensichtlich ist Angst für die Tiere hier draußen ein Fremdwort.

Am nächsten Tag fahren wir durch eine riesige Fläche mit schwarzbraunen, seltsam geformten Steinen. Die Reste eines versteinerten Waldes. Die Holzstrukturen und selbst Jahresringe sind deutlich erkennbar.

Ein weiteres Novum begegnet uns am Nachmittag. In einer Senke ist ein riesiges Feld mit Bittermelonen gewachsen. Leider zu nichts zu gebrauchen. Aber beeindruckend anzusehen, wie in dieser wüsten Einöde die Natur immer wieder versucht, sich ein kleines Stückchen zurückzuholen.(Bild 4).
Am Nachmittag erwartet uns ein weiteres Highlight unserer Reise.
Schon von Ferne erkennen wir eine riesige Dünenkette am Horizont.
Und doch fahren wir noch fast eine Stunde bis wir endlich da sind.
Der Erg Murzuq, eine faszinierende Dünenlandschaft von fast unvorstellbarer Dimension.
300 km lang und auch 300 km breit. Ein Sandkasten in der Dimension eines Bundeslandes wie Bayern. (Bild 5 und 6).
Übermäßig tief fahren wir allerdings nicht hinein in diese Sandberge, nur wenige Kilometer. Für ein Nachtlager und einen Vormittag, dann ziehen wir weiter.

Nun fahren wir wieder durch endlose Mondlandschaften mit schwarzgebrannten Steinfeldern, die bis zum Horizont reichen. Es geht langsam voran, die schwarzen Steine sind mörderisch, die Luft flimmert, gefährlich für die Fahrzeuge, eine kleine Unachtsamkeit führt unweigerlich zu aufgeschlitzten Reifen.
Nach langer und ermüdender Fahrt erreichen wir nun das Wadi Matkandouch, den Ort an dem es mit die ältesten Felsgravuren in großer Zahl und überzeugender künstlerischer Qualität zu sehen gibt.(Bild 7).

Danach müssen wir den gleichen mühseligen Weg zurück, bis wir wieder in sandigeres Gebiet kommen. Dort geht es wesentlich besser voran. Noch einmal durch die Dünen des Erg Ubari, (Bild 8) bis wir spätnachmittags in dem Wüstenörtchen Germa eintreffen.
Dort besuchen wir das Heimatkundemuseum, in dem Fundstücke aus den nahen Ausgrabungsstätten gezeigt werden und einen ganz guten Einblick in das Leben und die Kultur der alten Garamanten vermitteln.
Am Rande der Oase übernachten wir in den Dünen.
Am kommenden Morgen besichtigen wir die Ausgrabungsstätten der alten Garamantenhauptstadt Germa (Bild 9).

Zufällig ist heute Markttag in Neu-Germa. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen.
Über den Markt schlendern und das Leben und Treiben der Oasenbewohner beobachten, das ist ein ganz besonderes Erlebnis.
Es werden die Dinge des täglichen Lebens angeboten, Kleider, Schuhe, Haushaltswaren, sogar fertige Holzfenster und Türen für den Hausbau, Wunderheilmittelchen, Gewürze und Musikkasetten. (Bild 10)

Auf dem Tiermarkt wechseln wunderschöne Ziegen (sehen doch tatsächlich so wie die kretischen aus ! Bild 11) und Esel ihren Besitzer.

Der Obst- und Gemüsemarkt überrascht uns am meisten. Ein so reichhaltiges Angebot an frischer Ware, hier mitten in der Wüste, das haben wir nicht erwartet ! (Bild 12).

Die Menschen sind aufgeschlossen, unaufdringlich und total freundlich.
Auch die Erlaubnis für ein Foto wird meist freundlich und sofort gegeben !

Anschließend fahren wir außerhalb der Stadt in ein Camp, Mittagessen und wieder mal duschen ist angesagt. Schön mal zwei Stunden in der Sonne nur „abzuhängen“.

Dann geht es wieder auf die Piste, hinein in die mächtigen Sanddünen, bergauf, bergab, die Strecke ist abwechslungsreich, aber auch schwierig, kilometerweit .....
......und plötzlich, die nächste Düne hoch, der Blick in die nächste Senke wird frei ....
Und da ist er .... der legendäre Mandara-See ! --- überwältigend und unerwartet !

Eine Oase mit See, mitten im Nichts ! (Bild 13)
Leider jedoch derzeit ausgetrocknet ! (Bild 14)

Dafür entschädigt wenig später der Umm el Maa, ein weiterer der Mandara-Seen.
Gefüllt bis zum Rand mit reichlich Wasser, palmenumsäumt, unglaublich, total unwirklich und traumhaft schön !
Das eigentliche Ziel unserer Reise !

Seit Jahren hängt dieses Kalenderbild zu Hause an der Wand, 60 x 40cm groß, oft bestaunt und mit verträumten Blicken besehen.
Und jetzt sind wir da ! Momente des Glückes ! Absolute Zufriedenheit ! Hier möchten wir bleiben, zumindest eine Zeit lang. (Bild 15 und 16)

Morgen oder übermorgen gibt es dann noch einen vierten und letzten Teil.

Schöne Ostern hermann

Yvonnchen
23.March.2008, 02:33
Lieber hermann,


ich bin begeistert... von deinem Schreibstil, Mut und deine Bilder die das unterstreichen. Toll das es noch so Abenteurer (ist als Kompliment gemeint) gibt, die einen durch ihre Art zu erzählen in eine fremde Welt entführen können.

Danke!

renagigi
23.March.2008, 10:31
Schöne Ostern Hermann,

beeindruckender Bericht und faszinierende Fotos.

Schön dass du uns daran teilnehmen läßt.

hermann
24.March.2008, 11:09
So, heute gibts den 4. und letzten Teil:

Nach dem herrlichen Umm el Maa und einer weiteren Nacht im Sand geht es nun heute weiter an den Maflu See.(Bild 1).
Den ersten Tag haben wir heute keine Sonne am Himmel, es ist etwas bedeckt.

Am See haben Tuareg aus Südlibyen, oft auch aus dem nahen Tschad oder dem Niger ihre kleinen Verkaufsstände mit Silberschmuck aufgebaut und harren mit einer Engelsgeduld auf die wenigen Besucher die im Laufe eines Tages dort vorbeikommen.
Einen dieser stattlich stolzen Bilderbuchtargi habe ich mal aufgenommen.(Bild 2).

Unser weiterer Weg führt uns zum nächsten einer ganzen Reihe von kleinen Seen mitten in der Sandwüste. Etwas abseits des heute auch ausgetrockneten Sees liegt das verlassene Dorf der „Wurmesser“. So nannte man einst abschätzend die Bewohner, die ihren Lebensunterhalt durch das „Abernten“ einer kleinen Krebskolonie am Rande des Sees bestritten. Kamelkarawanen brachten die Delikatesse in die entlegensten Winkel des Landes.
Die alte Moschee und viele Überbleibsel der Zivilisation zeugen noch heute vom einstigen „Wohlstand“.(Bild 3).

Wenig später treffen wir beim letzten und größten dieser Seen ein, dem Gabroon-See. Umrahmt von riesigen Dünen (Bild 4) und --- mit einem „Restaurant“.(Bild 5) !
Hier ist Mittagessen angesagt, und es gibt Kaffee und Tee zu kaufen.
(Novum am Rande: An einem international besuchten Ort gibt es natürlich auch eine internationale Preistafel: Der Tee kostet hier laut Aushang 1 Dollar, 1 Euro oder 1 libyschen Dinar ! Alles für 1 --- also 0,65 Euro für den Dollarzahler, 1 Euro für den Eurozahler und etwa 0,55 Euro für denjenigen der mit der Landeswährung zahlt ! So einfach kann Preisauszeichnung sein !)

Nach einem längeren Aufenthalt haben wir nun die letzten drei Sunden Dünenfahrt vor uns. Und die haben es heute in sich. Ständig hat sich eines unserer 5 Fahrzeuge irgendwo eingegraben, der Sand ist weich, die Dünenhänge steil und eine Piste weit und breit nicht zu sehen. Da hilft meist nur ausgraben oder schieben. (Bild 6).

Heute noch nehmen wir Abschied von der Wüste, wir kommen dem Oasenstädtchen Sebha unaufhaltsam näher.
„Könnten wir uns hier nicht mal richtig festfahren, damit wir noch ein wenig bleiben können ?“

--- Ende der Träumereien, es geht unaufhaltsam weiter, die Müllberge der Zivilisation werden zunehmend häufiger und größer. Sebha kann nicht mehr weit sein !
Dann sind wir da ! In einem Camp am Rande der Stadt gibt es eine längere Pause.
Hier gibt es den genialsten Capuccino der Welt. (Bild 7)
Und auch einen kleinen Tierpark, mit Straußen, Klippschliefern, Wildkatzen, Schlangen und einem Fennek. Endlich kriegen wir mal den scheuen, kleinen Wüstenfuchs zu sehen. (Bild 8).

Anschließend ein letztes Abendessen unseres „Wüstenkoches“ und dann der Abschied von unserem Koch und den Fahrern.
Schade, man kommt sich doch näher, trotz der Sprachbarrieren. -- und hätte doch noch so manches zu sagen gehabt !

Nur unser Reiseleiter und unser Polizist fliegen noch mit uns heute Abend, etwa 1 Stunde immer nach Norden, in die Hauptstadt Tripolis.

Dort begegnen wir der Zivilisation dieser Welt, mit aller Wucht:
Flughafen, Lautsprecher, Kofferbänder, Hektik, Lärm, Gestank, Autos, Hupen, viele Menschen. --- fast ein Kulturschock.
Herausgerissen aus der Stille, der Weite und der Geborgenheit der Wüste !
Wie einem das auffällt, nach der langen Abstinenz !

Das Safari Tourist Hotel, am Rande der Medina wird für die nächsten zwei Nächte unser Domizil sein. (Bild 9).

Nach einer kurzen Nacht und einer ausgiebigen Dusche steht heute eine Busfahrt zu den Ausgrabungsstätten von Leptis Magna auf dem Programm.
Eigentlich nicht so mein Fall, schon gar nicht nach den Erlebnissen der letzten Tage.

Aber ...
Als wir erst da sind, bin ich doch einigermaßen von den Socken !
Eine solch mächtige Ausgrabung habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen ! Delphi, Knossos und andere sind im Vergleich zu dem was ich hier vor mir sehe regelrecht kleine Provinznester.
Alte römische Stadttore, (Bild 10) mit gepflasterten Straßen, riesige Badehäuser, (Bild 11) Wohnhäuser, Kathedralen, Gerichtsgebäude, (Bild 12) ein großes Forum, ein alter Hafen mit Kaimauern und Befestigungsanlagen, ein Amphitheater (Bild 13) und eine riesige Arena mit 15.000 !!! Sitzplätzen. (Bild 14). Wunderbar erhalten, ausgegraben unter Massen von Sand. Gut und gerne über eine Länge von fast zwei km ziehen sich die Gebäudereste und Säulengänge an der Küste entlang. Ich bin schwer beeindruckt !!

Zurück in Tripolis bummeln wir nachmittags ein wenig durch die Medina, (Bild 15) sitzen im Straßencafe, Heike ersteht schon mal ihre Reisemitbringsel (billige Zigaretten zu 8 Euro die Stange !) und gehen am Abend zum Fischmarkt am Hafen und essen in einem Restaurant eine wirklich tolle Fischplatte.(Bild 16).

Am nächsten Tag erwartet uns mit Sabratha die nächste Besichtigung antiker Ausgrabungsstätten. (Bild 17).
Nicht ganz so riesig, wie die in Leptis Magna, aber mit sehr gut erhaltenen Mosaikfußböden aus einer ausgegrabenen Basilika (Bild 18), die im angegliederten Mosaikmuseum geschützt untergebracht sind. Und auch wieder ein mächtiges Amphitheater (Bild 19).

Am Nachmittag dann noch einmal die Altstadt von Tripolis, bummeln, einkaufen, im Cafe sitzen, und am Abend fliegen wir weiter, nach Tunis.

Nach einer kurzen Nacht in einem einfachen Touristenhotel geht es schon früh am Morgen wieder zum Flughafen und zurück nach Frankfurt.


Vielleicht habe ich ja bei manch einem das Interesse an einer Tour geweckt, oder zumindest ein wenig Spaß am Mitreisen erzeugen können.
Mir jedenfalls hat es mächtig Spaß gemacht, die Tour noch einmal in Gedanken zu erleben.

Und so habe ich wenigstens schon wieder einen Reisebericht fertig, den ich sowieso irgendwann einmal auf meiner seit Jahren geplanten, eigenen HP einstellen kann.

Hoffentlich hat es Euch Freude gebracht, mitzureisen.

Schöne Restostern noch hermann

Ilona
24.March.2008, 14:45
Hallo Hermann,

danke für Deinen eindrucksvollen Bericht und die tollen Bilder. Ich habe die Reise von Anfang an genossen. Schade, dass sie nun zu Ende ist. Es hat mir richtig Spaß gemacht. :Knuddel:

Grüßchen Ilona