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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nisi - das verlassene Dorf



Anja&Thomas
8.November.2014, 20:15
Wer öfter in dem Areal unterwegs ist, das von Rethymno im Nordosten, Vrysses im Nordwesten, Plakias im Südosten und Chora Sfakion im Südwesten begrenzt wird,
kommt irgendwann einmal in einem kleinen Bergdorf namens Moundros an.
Aus Richtung Norden kommend, fällt dem aufmerksamen Beobachter am Ortseingang ein Wegweiser nach Nisi, einem verlassenen Bergdörfchen auf.

Wir wollten schon immer mal dahin, meistens paßte aber die Tageszeit nicht, oder wir hatten etwas anderes vor, wenn wir Moundros durchquerten.
Im Urlaub 2014 nahmen wir uns nun vor, Nisi zu (be)suchen.

Auf nach Moundros, Auto abstellen, Rucksack aufschnallen, Kappe auf, los geht's.
Ein recht gut ausgebauter Wirtschaftsweg führt hinunter ins Tal und dann kreuz und quer durch den Olivenhain.
Es zweigen einige Wege ab, Wegweiser gibt es aber nicht. Das kann ja heiter werden.
Wir queren ein Bachbett ohne Wasser, es gibt eine Furt, daneben eine Brücke neueren Datums.
Hinter der Brücke fallen uns links am Hang Gebäudereste und ein Stall auf. Ob das Nisi ist?
Eine Erkundungstour ergibt, daß das nicht das Dorf sein kann. also weitersuchen.

Ein paar hundert Meter weiter zweigt mal wieder ein Weg nach rechts ab. Ob wir vielleicht dort suchen sollten?
Links am Wegesrand ein Brunnen, wo Wasser ist, kann man leben, das Dorf kann nicht mehr weit sein.
Rechts am Wegesrand ein grün überwuchertes, relativ intaktes Gebäude, ein paar Schäfchen dösen im Schatten, na also, da sollte doch noch mehr zu finden sein.
Falsch gedacht. Außer gemauerter Terrassen am Hang, auf denen Oliven stehen, keine Spuren menschlicher Zivilisation.
Das gibt's ja gar nicht. Oliven und ein paar andere Bäume, soweit der Blick reicht und die Füße tragen.
Unsere Laune steigt mit Riesenschritten in den Keller hinunter. Abbruch, nochmal recherchieren, sonst wird das nichts.

Auf dem Rückweg fällt Anja, nachdem wir die Brücke überquert hatten, ein schmaler gepflasterter Weg ins Auge, der bergan führt.
Wieso ist uns der vorhin nicht aufgefallen? Wir steigen den Weg hinauf, erkennen nach einiger Zeit durch die Bäume ein paar Häuschen.
Hurra! Wir sind ...... WIEDER IN MOUNDROS!!! Zwei Stunden durch den Olivenhain gegrätscht und außer Spesen nichts gewesen!

Auf dem Rückweg zum Auto befindet eine Hornisse Thomas' linken Knöchel als lohnendes Terrain, einen Schuß zu setzen.
Glücklicherweise kann er das Insekt unschädlich machen, bevor die volle Ladung abgedrückt ist.
So zieht es nur für ein paar Stunden etwas im linken Bein und juckt noch ein paar Tage.
Was für ein Tag! Naja, zumindest waren wir an der frischen Luft und haben Kalorien abgebaut.

Nisi läßt uns nicht los. Der Ehrgeiz hat uns gepackt, das Dorf muß doch zu finden sein!
Jemand gibt uns den Tipp, im Olivenhain nicht den Abzweig nach rechts zu nehmen, sondern geradeaus und bergan weiterzugehen.

Ein paar Tage später brechen wir erneut nach Nisi auf, nehmen die Abkürzung über den gepflasterten Weg hinunter ins Tal,
halten uns an die Vorgabe, nicht nach rechts abzubiegen und landen wieder in der Wildnis! Wunderschöne Natur, aber kein Dorf. Das darf doch nicht wahr sein!

Kriegsrat. Wir beschließen, doch noch mal den anderen Weg zu nehmen und weiterzugehen, so lange es uns sinnvoll erscheint.
Wieder am Brunnen und dem überwucherten Häuschen vorbei, die Schafe grüßen uns schon.
Wir folgen dem Weg immer weiter, bis er steil bergan führt. Oben auf dem Hügel hat man mit Sicherheit einen ganz ordentlichen Überblick, also hinauf.

Tja, oben angekommen, steht man mitten im verlassenen Dörfchen Nisi. So einfach ist das.

Die Häuser sind schon stark verfallen, sie bieten aber malerische Ein- und Durchblicke, das am besten erhaltene Gebäude ist die Olivenmühle.
Ja, und die Kirche. Neben der Kirche das Grab der letzten Einwohnerin von Nisi, sie starb 1996 mit 78 Jahren.

VG Thomas

PS.: Das letzte Foto zeigt Moundros, vom Weg kurz vor Nisi aus gesehen.

Pezl
8.November.2014, 20:52
Wirklich interessant. Hat sich der Aufwand doch gelohnt.

Gwg_49
8.November.2014, 22:11
Schade, dass ihr so lang suchen musstet. Auf der Karte Anavasi 11.17 ist Nisi orange eingezeichnet.
Uli aus Plakias kennt sich da auch aus.

Bocholter
15.December.2014, 07:54
Wir sind vor vier Jahren auch in NISI gewesen - ein Führer hatte uns wie oben beschrieben bis zu der Steinbrücke geführt, von dort aus sollte man einen Weg durch die Schlucht finden und anschließend nach Nisi aufsteigen - diesen Weg haben wir ebenfalls nicht gefunden. Dann aber sind wir dem Wirtschaftsweg weiter bergauf gefolgt und waren auf einmal in diesem verwunschenen Ort - sehr romantisch.
Beim Rückweg haben wir uns allerdings erneut verlaufen und mussten zum Schluss mehrere Km (gefühlt 10 km :-) ) zurücklaufen bis wir endlich am Abzweig Riochtung Moundros waren. War trotzdem schön.

Die Bocholter

subzero
3.June.2015, 20:41
Und wo ist Nisi jetzt ?
Was heißt jetzt "Auf der Karte Anavasi 11.17 ist Nisi orange eingezeichnet" ?? Was ist Anavasi ?

subzero
3.June.2015, 20:44
Habe es anscheined gefunden :)

35.28435,24.35434

Lisi
21.June.2015, 19:02
Wir kamen aus Kato Poros nach der Kollita-Schluchtwanderung und da ist ein Wegweiser nach Nisi auf dem Feldweg nach rechts, der dann weiter nach Moudros führt.

Kreta-Flo
3.July.2015, 17:49
die Lage von Nisi ist eigentlich ganz klar zu beschreiben, es befindet sich auf der Nordseite der Hochebene zwischen den beiden Schluchten (Kollita), zwischen Kato Poros und Moundros. Die Geisterstadt befindet sich genau dazwischen. D.h. diesem Weg muss man einfach folgen. Man kann auch auf der Hochebene von Nord nach Süd oder umgekehrt laufen über kleine kaum markierte Pfade.
Nisi heißt Insel und ist die Insel zwischen den beiden Schluchten.

Rätselhafter als die Lage ist für mich die Geschichte des Dorfes, warum ist es verlassen?

Achja und irgendwas stimmt da nicht: Ein etwas sehr unfreundlicher Schäfer hält dort seine Schafe. Auch hat mich mal ein anderer sehr unfreundlich gefragt, woher ich gerade komme. Als wenn man dort irgendetwas verbergen möchte....

kokkinos vrachos
3.July.2015, 18:57
Moin Kreta-Flo, "Die Geisterstadt...", du meinst wohl Geisterdorf. Nisi ist ein wunderschöner Ort, in einer schönen wilden Gegend, sehr viele alte Olivenbäume, Trockensteinmauern. Fans wie ich von alten (verlassenen) Dörfern kommen in Nisi voll auf ihre Kosten, es gibt viele schöne Fotomotive. Es führt auch eine Erdpiste nach Nisi.

Das Leben wurde irgendwann zu schwer in Nisi.

Nisi - Insel zwischen zwei Schluchten: https://sites.google.com/site/kretadoku/Home/nisi

Gwg_49
3.July.2015, 19:27
Hier ist es : https://www.google.com/maps/place/35%C2%B017%2703.7%22N+24%C2%B021%2715.6%22E/@35.2847151,24.3541999,317m/data=!3m1!1e3!4m2!3m1!1s0x0:0x0

kokkinos vrachos
3.July.2015, 20:20
Hier ist es : https://www.google.com/maps/place/35%C2%B017%2703.7%22N+24%C2%B021%2715.6%22E/@35.2847151,24.3541999,317m/data=!3m1!1e3!4m2!3m1!1s0x0:0x0

jassas, die Schönheit des verlassenen Dorfes kommt leider bei dem google-Link nicht rüber. Man sieht aber gut in was für einer grünen Umgebung das Dorf eingebettet ist.

schönen Freitag Abend noch, kv

aleka
3.July.2015, 21:52
Florian,
ich wurde in Nisi auch schon etwas seltsam von den Hirten angesprochen - hatte die Kamera auf dem Stativ. Man ist halt mißtrauisch Ortsfremden gegenüber, die zu neugierig sind und Fotos machen ;). Nachdem ich (scheinbar überzeugend) erklärte, daß ich nicht vom Katasteramt käme (Stativ und DSLR) war das Eis gebrochen und ich habe einiges über das Dorf und seine Geschichte erfahren. Der Müller war wohl der letzte Einwohner von Nisi, der das Dorf 1967 verließ. Damals gab es den betonierten Weg von Kato Poros und auch die Brücke noch nicht. Im Winter gab es, bedingt durch die Lage zwischen den beiden Schluchten, oft genug für Wochen keine Möglichkeit das Dorf zu verlassen. Im Dorf direkt gab und gibt es bis heute kein fließendes Wasser. Die Quelle liegt etliche hundert Meter unterhalb von Nisi in Richtung Kato Poros. Besonders im Winter waren die Lebensumstände dort oben sehr hart und so hat man es vorgezogen, nach Kato Poros umzusiedeln.
Ich habe mich einige Stunden dort oben aufgehalten, aber im März nichts ungewöhnliches finden können ;).

Grüße von Nord nach Süd
aleka

kokkinos vrachos
3.July.2015, 22:47
Florian,
Besonders im Winter waren die Lebensumstände dort oben sehr hart und so hat man es vorgezogen, nach Kato Poros umzusiedeln.).
aleka

jassou aleka, so habe ich das auch gehört.

vg, kv

Monica
3.July.2015, 23:55
ja, und im Sommer auch nicht ohne, da eben kaum Wasser, sonst gaebe es die Zisterne ja auch nicht - ich denke das genuegt vollauf als Grund um da wegzuziehen. trotzdem wird das Dorf bzw. die Gegend auch heute noch bewirtschaftet und gepflegt, von denen die wegezogen sind und ihren NachfahrInnen, was auch bedeutet dass wir Aussenstehende immer mit Respekt, Achtung und Sorgfalt uns dort bewegen sollten. Es ist eine wunderbare Gegend zum Wandern und zum Glueck sind die Wege etwas verschlungen...am tollsten finde ich den Weg von Nisi nach Agios Giorgos/Agios Konstantinos: runter in die Schlucht und auf der anderen Seite wieder hoch, es ist ein Stueck vom E4, und der Weg hoch ist das absolute Kraeuterparadies :) am Dorfeingang von Agios Giorgos dann die tolle Felsenquelle, und in Agios Konstantinos gibt's dann Kaffee und Erfrischungsgetraenke im Kafeneion.....hin und wieder gehe ich diese Tour, und irgendwann zwischendurch zweifeln fast alle daran, dass der "Weg" ueberhaupt noch irgendwohin fuehrt, Start in Moundros, und nach Agios Konstantinos an den Quellbecken vorbei zurueck nach Moundros - mehr Natur gibt es nicht :) - hab ich hier vielleicht schon mal beschrieben, weiss ich nicht mehr :)

Lisi
4.July.2015, 10:43
So, jetzt habt ihr mir endgültig Gusto gemacht. Anfang Juni haben wir die Rundwanderung Moudros-Moudros Schlucht-Kato Poros Schlucht (mit Aufenthalt in dem originelen Wirtshaus in Kato Poros mit der Säge draussen über der Türe-retour nach Moudros am Abzweiger nach Nisi vorbei.
Leider haben wir Nisi links, also nein, rechts liegen lassen. Auf dem Rückwegsfeldweg nach Moudros sind uns 4 junge Griechen (Touristen?) begegnet, die Nisi gesucht haben und wir haben ihnen den Weg erklärt.
Nach all den Kommentaren hier, steht ein Besuch das nächste Mal auf jeden Fall auf dem Programm, anschließend an eine neuerliche Runde durch die 2 Schluchten, denn die waren für mich die Schönsten seit langer Zeit, gleich nach der Rouwas Schlucht, die bis dahin mein Favorit war.
Auf dem Fußweg von der Kato Poros Schlucht hoch ins Dort Kato Poros ist genauso ein Kräuterparadies, herrlich, und Eidechsen und Schlangen in den alten Felsmauerresten zu beobachten - super!
Unschlagbar nach der Wanderung ein Frappee in Moudros - um einen Euro!

Elefteria
21.February.2018, 13:16
Hallo, jassu...... es freut mich dass „mein“nisi noch andere entdecken........ es ist unser land.... dass land meiner Familie..... und vielen erinnerungen ��

Toto
4.October.2019, 10:41
Hallo zusammen, wir waren gestern, 03.10.2019, dort. Alles gut gefunden. Der Ort hat schon was. Alles so, wie es beschrieben wurde. Es war herrlichstes Wetter. In den Ruinen viel rumgekraxelt. Ein riesiger schwarzer Ziegenbock war in der alten Bäckerei. Klar fragt man sich, warum das alles so ist wie es ist. Auf dem Rückweg hatten wir Rast gemacht, südlich von Rhetymno. Olive and Vine House. Der Wirt sagte uns, dass die Ursache eine Fehde war, nichts ungewöhnliches. Es sollen dort 3 Familien gelebt haben. Diese sind in alle Winde nun zerstreut. Eine Familie soll in die Schweiz sein, eine in die Nähe von Frangokastello und eine nach Heraklion. Alles hier ohne Wertung. Das Dorf soll schon nach dem 2. WK verlassen worden sein.

Am Sonntag geht es nach Kalami, einen Teil hatten wir schon 2017 besucht, den 2. Teil nun am Sonntag.

Gruß Toto