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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : K.R.E.T.A. - Spottys Reisebericht: 25.06.2007 (1.Teil)



spotty
10.July.2007, 16:59
25.06.2007 Mammuttour bei Mammuthitze: Amari Ebene und andere Sehenswürdigkeiten

Gefasst und nicht wirklich überrascht streift der Blick das schattige Außenthermometer auf dem frühstücksweg: 34,2° um 8:20Uhr – wir arrangieren uns mit den tropischen Witterungsbedingungen, füllen die Wasservorräte noch einmal auf (das nächste Mal müssen eine Kühltasche und Akkus im Reisegepäck Hemden und lange Hosen verdrängen!) und machen uns auf den Weg fort vom Meerwasser, das wir am heutigen Tag nur aus der Ferne sehen werden.

In meiner Vorplanung beschlich mich so ein Gefühl, als ob diese Runde abseits der Hauptstrassen durch idyllische kleine Bergdörfer möglicherweise das Urlaubshighlight werden könnte, und am Abend (nur der Vollständigkeit halber sei bereits an dieser Stelle erwähnt, dass um 20:10 Ortszeit unser Rezeptionsthermometer 40,2 außerhalb der Sonne vermeldet …) eines anstrengenden und erlebnisreichen Tages kann ich resümieren, dass dieses Gefühl nicht getrogen hat!

Am Ortsausgang schwenken wir links in die alte Verbindungsstrasse Richtung Rethymno, die heuer nur noch von Einheimischen und Inselurlaubsinsidern genutzt wird. Und das ist gut so.

Denn somit haben mir Muße, gemächliches Tempo anschlagend, den einen oder anderen Blick in eine wirklich bemerkenswerte Landschaft zu riskieren: anfangs bieten sich dem Betrachter immer wieder neue Einblicke auf das dunstig und scheinbar träge daherkommende Meerwasser (und es scheint nach jeder Biegung eine neue Blaunuance zeigen zu wollen), irgendwann ist man dann nur noch gebirgsumrahmt unterwegs – Natur geschaffenen Beschützern gleich ragen die Bergkämme der Ida Formationen und der Kedros Bergzüge (ich hoffe, die Karteninfos sind richtig ... ist ja wie einstmals in der Schule: einfach geschickt abschreiben!) links und rechts der fruchtbar grünen Ebene empor.

Fast nach jeder Kurve der gut asphaltierten und wirklich einfach zu fahrenden Strasse möchte man halten, um eine neue tolle Aussicht dem Chip oder Film zu übergeben.

Insbesondere die unzähligen ungenannten Kirchen und die kleinen Friedhöfe der Bergdörfer haben es mir angetan – es ist tatsächlich so, dass die Verblichenen am schönsten Platz des Ortes zur ewigen Ruhe gebettet werden, so als würden sie letztmalig einen einzigartigen Logenplatz in der vielstimmigen Symphonie der Natur, eingebettet im kräftigen Grün und umgeben vom Gezwitscher der Vögel und dem hellen Summen von Bienen und Grillen und Zirkaden ... dazu mit einem unvergänglichen Blick auf die Olivenhaine, auf die hier eher sanft aufragenden Gebirgszüge ... eingebettet und zur Ruhe gelegt inmitten diesem schönen Stückchen Erde, was jeder Kreter voller Stolz als seine Heimat empfindet. So lässt es sich aushalten im Tode!

In Apodoulou gibt es den ersten planmäßigen Zwischenstopp, natürlich auch einer alten Kirche und der reizvollen Bebauung wegen.
Die alten Leute sitzen in ihrer tradtionell dunklen Kleidung vor den hell getünchten Häusern und beäugen neugierig die Fremdlinge, die da auf dem kleinen Dorfplatz dem herrlich kühlen Fahrzeuginneren entsteigen und Fotoapparat und Kamera wissbegierig in den heißen Vormittag halten…

Nachdem ich das Gefühl habe, jeden einzeln begrüßt zu haben – und unser Kalimera wird mit spürbarer Herzlichkeit erwidert, spricht uns ein weißhaariger Schnauzbärtiger an – Perikles (welche Assoziation zum großen Herrscher des einstmals mächtigen Athen ...fast jeder wird die weltberühmten Überreste der in seiner Zeit ausgeführten Bebauungen der Akropolis vor dem geistigen Auge haben), so erfahren wir, hat in Deutschland als Gastarbeiter über acht Jahre gelebt.
Heute lebt er mit Frau und seinen Söhnen in Athen, kommt aber regelmäßig nach seinem kleinen Häuschen hier im Bergdorf schauen und hat natürlich immer etwas zu tun.

Er erklärt uns (und wir sind gewiss nicht die ersten Urlauber, die diese spezielle kretische Sichtweise erläutert bekommen). dass er zuerst Kreter, aber auch ein wenig Grieche sei ….Und seine Söhne, beide in Athen aufgewachsen, sehen sich auch als Kreter. Welch beeindruckender Nationalstolz!

Ich riskiere gern einen weiteren Sonnenbrand, denn er hört sich mit seinem bayrischen Akzent lustig an und es hätte wohl nicht viel gefehlt, und wir hätten ihm in sein nahes Haus folgen müssen.
So einigen wir uns darauf, dass Rehhagel gottgleich seinen Trainerjob für Griechenland macht (in diesem Fall sind die Übergänge zwischen kretischen und griechischen Nationalstolz wohl fließend!), dass wir gern deutsche Bürokratie und eine Paragraphen gesteuerte Lebensweise gegen kretische Lebensart tauschen würden – dann geht der vitale ältere Herr nochmals freundlich grüßend elastischen Schrittes seinen Hof pflastern.

Und wir schlurfen die schmalen Gässchen des kleinen Ortes ab, finden zwar einen Hinweis auf den üblichen braunen Historienhinweisschildern, und suchen trotzdem vergebens nach Ausgrabungen der minoischen Epoche.

Es könnte allerdings auch gut sein, dass wir einfach an ausgegrabenen historischen Steinen vorbeilaufen, ohne diesen die erwartete Aufmerksamkeit zu schenken. Zu unserer Entschuldigung sei vermerkt, dass unsere archäologischen Ambitionen noch in den Kinderschuhen stecken, und es nicht sehr wahrscheinlich erscheint, dass wir diesbezüglich in Kürze die Schuhgröße wechseln würden ….

Trotzdem gibt es ein überraschendes Erlebnishighlight – denn eine defekte Wasserleitung lässt uns keinen Gram ob des archäologischen Lattentreffers entwickeln ... wir duschen gleich einmal in voller Montur, und es dauert nur ein paar Augenblicke, bis die Klamotten wieder trocken am Körper kleben.

Derartig aufgemuntert, geben wir dem motorisierten Pferdchen die Sporen, denn der Tag ist noch lang und es steht eine ganze Menge auf dem individuellen Besichtigungsprogramm!

Weitere ungeplante Zwischenstopps sind einfach den überwältigenden landschaftlichen Eindrücken geschuldet, oder den Szenen aus dem wahren kretischen Leben: in Ermangelung von Rummel und Schießbuden lassen die bewaffneten Einheimischen ihre Schießlust unübersehbar an den zahlreichen, mit nicht erkennbarer Systematik in die wildromantische Berglandschaft gepflanzten Verkehrszeichen aus. Die Einschüsse zeigen, dass es wohl nicht nur kleine Kaliber sind, die da manch kretischem Hof sichern sollen – oder die auch zur Hörbarmachung von Freudenemotionen dienen ... da wird dann anlässlich einer kleinen Hochzeit mit 1000Gästen ordentlich Luft zerschossen ...

Nein, das ist diesmal nicht ironisch. Das ist wahr und von mir fotodokumentiert ….

Auf dem Weg nach Amari bemerken wir belustigt einen alten Baum in Straßenmitte, und kurz darauf beeindruckt am Wegesrand das Kirchlein der heiligen Anna, ein ästhetisch gelungener Steinbau am Rande von üppigen Olivenhainen – und natürlich ein fotografischer Leckerbissen!
Das Konzert von Geckos und Zirkaden nimmt ohrenbetäubende Ausmaße an und übertönt sicher die erklärende Worte auf unserem Urlaubsfilm.

Ein paar Kurven und Kilometer weiter erreichen wir Amari.
Unser Motorgeräusch im lethargisch erscheinenden Örtchen stört sicher die fast schon apathisch vor sich hindösenden alten Männer im Kafenion auf dem Dorfplatz. Und wohl ebenso etliche Hunde und Katzen, die unbeeindruckt vom herannahenden koreanischen Automobil die Straße für sich reklamieren...

Wir wollen uns den in allen Reiseführern erwähnten venezianischen Glockenturm anschauen, und der
ist durchaus eine beeindruckende Bebauung hier am Rande der Amari-Ebene. Einige enge und bergige Gassen laden nicht wirklich zum Schlendern in der Sonnenglut ein, und so zieht es bald wieder in unsere klimatisierte Oase auf vier Rädern.

Mittagszeit ist es.
Die Wasservorräte sind fast aufgebraucht oder haben keine erfrischende Trinktemperatur mehr, und auch gegen einen kleinen Ernährungshappen bestehen keine ernsthaften Bedenken.
So beschließen wir, bevor wir die ziemlich neue Strasse Richtung dem Nationalheiligtum Arkadi nehmen (in einigen Karten gibt es die noch gar nicht!), einen Informations- und Ernährungsstopp in Thronos einzulegen.

Natürlich lassen wir uns auch hier gern von einer Kirche und hübschen Fotomotiven links und rechts der schmalen Strasse aufhalten, und das Parken geht nur unter Missachtung der Tatsache, dass Kurven dafür eher ungeeignet sind. Wenn sie aber doch breit genug sind ???

Kurz danach finden wir eine in dieser Pracht nicht vermutete Taverne namens Aravanes am Ortsrand, und zudem mit einem wirklich phantastischen Blick in das von den weichen Ausläufern des Idagebirges gesäumte Saftiggrün da unter uns.

Katrin vermutet, dass der Besitzer wohl den Jackpot einer hiesigen Lotterie geknackt haben muss ...
Dieses Prachtstück aus Sandsteinen, schweren Holz-Glas-Schiebetüren, riesigen Freiflächen und sogar einem Kinderspielplatz ist anspruchsvoll und mit Liebe für`s Detail errichtet und man muss nicht unbedingt Architekt sein, um den Geruch nach reichlich Geld in der Nase zu haben.

Dieser Gedanke beeinflusst meine Konzentration während des mittäglichen Standardmenus (Bauernsalat, Tsatziki und Doppel-Mythos) ein wenig, denn es könnte ja sein, dass sich diese kostenintensive Bauweise nicht ohne Einfluss auf die Rechnungshöhes ist ...
Wir werden mit 12€ angenehm enttäuscht und können somit einen Besuch dieser in der reizvollen Abgeschiedenheit dieses Bergdorfes angesiedelten Taverne bedenkenlos empfehlen.


Sorry, ich musste das teilen, weil das System sonst kollabiert!

Kreta-Klaus
10.July.2007, 17:15
Echt wieder sehr gelungen. Nur ein winziger geographischer Hinweis, wenn es erlaubt ist: Die alte Straße nach Réthymnon durch das Amáribecken zweigt mitnichten am "Ortsausgang" von Agía Galíni, sondern ca. 4 Kilometer weiter Richtung Timbáki auf der "Passhöhe" ab. Denn die zwei dortigen Tavernen gehören sicher nicht mehr zu Agía Galíni ...
Direkt am Ortsausgang zweigt die Straße nach Mélambes ab ... ich schreibe das nur, falls jemand Deine/Eure Tour nachfahren will :ANGEL:
Gruß Klaus

spotty
10.July.2007, 18:35
... ich schreibe das nur, falls jemand Deine/Eure Tour nachfahren will :ANGEL:
Gruß Klaus

Klar, jetzt wo Du es sagst:
1.Abzweig Melambes
2.Abzweig Rathymno neu
3.Abzweig Rethymno alt
Gemeinsam sind wir stark ....

Gruss
Spottyhttp://www.smileygarden.de/smilie/Nahrung/99.gif (http://www.smileygarden.de)