spotty
2.June.2008, 18:03
16.05.2008 Schluchten auf dem Reiseplan: Rouvas Schlucht bergauf (?!)
Hahn im Korbe ist klar besser als Hahn in Agia Galini, wie uns im schüchternen Dämmern des Morgens klar wird. Das Tier gab es im vergangenen Jahr noch nicht, und wenn er so weitermacht, wird es den krächzenden gefiederten Gesellen wohl schon im kommenden Jahr nicht mehr geben. Und im Stockdunkel hat das Federvieh doch eigentlich den Schnabel zu halten!
Ich mag solche Tiere – am meistens allerdings, wenn sie nach Durchlaufen des Schongarverfahrens auf meinem Teller landen.
Na gut, es ist Urlaub. So genießen wir halt den allmählich heran reifenden Morgen mit der Akustik eines nie angestrebten Urlaubes auf dem Bauernhof. Genießen ist wohl nicht das richtige Wort ...
Und vielleicht bekomme ich in den kommenden Tagen auch den Aufenthaltsort des Störenfriedes in Erfahrung … könnte mir gut vorstellen, dass es da bei Miro im Kafenion oder sonstigen einschlägig bekannten Etablissiments Einiges an Insiderwissen gibt.
Nach der äußerst angenehmen abendlichen Überraschung zur Lage, Ausstattung und Einrichtung des Zimmers wird in Kürze die letzte Unbekannte aufgelöst: ab 08:00 Ortszeit soll es Frühstück geben.
Unverständlich sicher für jeden Hiergeborenen, dass man um diese Zeit etwas Anderes als schwarzen Kaffee und eine Zigarette zu sich nehmen kann.
Egal, wir wissen um diese *Problematik* (zumindest wird es von einigen Ewig- und Immernörglern zu einer solchen hochstilisiert – dabei darf man doch meines Wissens freiwillig entscheiden, wohin die Urlaubsreise geht … also, was soll dann das Jammern?), und so sind wir keinesfalls enttäuscht, als wir *nur* Käse, Wurst, Joghurt (diese dafür Weltklasse!) und bisschen Süßes vorfinden. Das ist halt Griechenland, und das ist in Ordnung so.
Ein Kätzchen umschleicht unsere Füße, aber sie ist gut erzogen: gebettelt wird nur mit den Augen. Und da sich andere Urlauber schneller von ihrer Wurst trennen (oder taktisch klug von vornherein den Teller überladen haben), muss das kleine Wesen nicht leiden. Wir auch nicht – denn man darf nachholen, so viel herein passt und so oft man Lust hat.
Die Sonne lässt schon erkennen, dass wir im Übergang zum Sommer leben - aber natürlich ist es eine wahre Wohltat im Vergleich zur vorjährigen Hitzeprüfung (für die Neuen: nachzulesen u.a. hier (http://www.kretaforum.eu/showthread.php?t=5377)).
Meine Exceltabelle erleichtert unsere Entscheidungen zur Tagesgestaltung, die ergänzenden Scans und Internetausdrucke geben auch schon mal einen visuellen Vorgeschmack auf Kommendes.
Bei den gegenwärtigen Temperaturen kann man wohl auch mal einen Fuß in die eine oder andere Schlucht setzen, auch wenn der Grundfitnesszustand eben sehr grundig erscheint ...
Wir entschließen uns, als erste Schluchterfahrung die namens Rouvas (http://www.online-guide-kreta.de/) zu wählen.. Da können wir dann gleich noch einmal das kräftig türkisgrüne Wasser des Forellensees in Zaros genießen.
Die wenigen Serpentinen aus der Bucht heraus fordern schon ein gutes Stück Arbeit von unserem Koreaner, der – wie im letzten Jahr – nun nicht direkt durch Übermotorisierung fasziniert. An den zahlreichen kleinen Italienern (den vierrädrigen) und Japanern (auch den mehrrädrigen) fährt er aber allemal locker vorbei.
Klar, wer `nen Ferrari wünscht, muss sich selbigen mieten und einen knappen Tausender pro Tag über haben. Soweit die Theorie. Die Praxis nennt sich Hyundai Accent (http://www.hyundai.de/webcontent.omeco?FOLDERID=12&PHPSESSID=9eff28cd2d38af01bf63a50ed4a2842b). Rot. Deshalb der abschweifende Gedanke in Richtung Maranello!
Der Blick fällt auf die Kammlagen des Ida Gebirges. Angeschnuddelten Handtüchern gleich markieren sich in der Morgensonne die Schneereste des kretischen Winters.
Apropos angeschnuddelt: die GewächshausZeltlandschaft Tymbakis hat auch nicht weiter an Reiz gewonnen. Nur gut, dass die in diesen schmutzig erscheinenden, Folie ummantelten, mehr oder minder instabilen Rahmenkonstruktionen, produzierten Gemüse dann völlig anders schmecken. Überaus aromareich und mit keinen Tomaten oder Gurken oder Paprika aus dem heimischen Supermarkt auch nur ansatzweise vergleichbar. Optisch nicht der Gipfel, geschmacklich aber wohl – und gleichzeitig der kulinarische Beweis für die alte Volksweisheit, dass man sich nicht von manch äußerer Schale oder dem ersten Eindruck täuschen lassen sollte.
Nun gut, ich schweife ab – denn es soll ja die Rouvas Schlucht das Thema sein und nicht meine höchst interessanten ernährungspsychologischen Erörterungen ...
Ich meine, auf der Karte eine kürzere Strecke nach Zaros erkannt zu haben …
Nun ist das so seine Sache mit meinen Abkürzungen und den Unterschieden zwischen Theorie und Praxis --- als wir uns nur noch im ersten Gang über grobes und lockeres Gestein tasten können, bezweifelt die Spottyfrau bereits meine Aussagen zur Streckenführung. Und als der Hohlweg schließlich abrupt in einer Vollumzäunung endet, ist es auch mit weiteren glaubhaften Erläuterungen etwas schwierig.
Okay, für`n StraßenPKW ist das Teil aber erstaunlich offroadtauglich, will ich mal hier festhalten!
Zähneknirschend (also meine knirschen virtuell) tasten wir uns halt die nicht vorhandene Straße wieder bergab. Der später wieder einsetzende Straßenbelag kündet davon, nun wieder in bewohntem Areal unterwegs zu sein.
Ich schätze mal , dass 90 kostbare Urlaubsminuten vergeudet wurden – aber was heißt hier schon vergeudet? Wir haben Strecken gesehen, die sicher nicht allzu oft befahren werden. Von Touristen gleich gar nicht.
Und weder der Auspuff ist abgerissen , noch ein Reifen zerschlissen und aufgesetzt sind wir auch nicht (so das verbal aufgebaute Horrorszenario der Spottyfrau) … und am Ende sind wir wieder auf der Hauptstraße gelandet, die wir vor anderthalb Stunden verlassen haben.
Dass Samstag Marktag in Mires (http://www.tassia.de/13801.html?*session*id*key*=*session*id*val*) ist, wissen wir vom letzten Jahr – auch, dass der Verkehr da über eine nicht zu großzügig in die Breite gebaute Straße abseits der Hauptstrecke geführt wird.
Ich fühle mich pudelwohl im Kampf um jeden Zentimeter Seitenfreiheit, und so ist die kurzzeitige leichte Frustentwicklung ob der ungewollten Geländeerkundung schnell verraucht.
Es geht auch deshalb etwas schleppend voran, weil sich zwei eindeutig als kretisch zu identifizierende Fahrzeuglenker (Rücklicht zerschlagen, Stoßstange mit Draht fixiert, Zigarette) mal schnell über die Chancen der griechischen Fußballer beim kommenden Championat unterhalten, oder vielleicht über die Wetterprognosen oder wo man sich heute zum Raki trifft oder aber über --- nein, über den gerade beendeten Streik spricht man sicher nicht. Der ist Vergangenheit.
Wie dem auch sei, *siga,siga* verkörpert kretisches Lebensgefühl, und so nehmen wir – ohne schwerer Hand auf der Hupe, und deshalb klar als Ausländer eingeordnet – mit einem Schmunzeln dieses Hindernis zur Kenntnis.
Am See angelangt, sind wir überrascht, wie viel Begängnis hier herrscht: Parkplätze sind schon am knapp werden.
Da aber die Geländegängigkeit unseres Boliden kürzlich getestet wurde, ist es kein hohes Risiko, mit etwas Schwung auf das durchfurchte Erdplateau oberhalb der Straße zu fahren.
Schuhe wechseln (nun sind die Wanderschuhe wenigstens diesmal nicht umsonst mitgeflogen), Wasservorräte auffrischen ... und dann kann es auch schon los gehen. Wann bin ich eigentlich das letzte Mal richtig gelaufen??? Ich bekomme das Rätsel nicht gelöst!
Wir sind auch nicht die einzigen Schluchtwanderungstouristen.
Allerdings wundere ich mich schon ein wenig, dass es fast stetig bergauf geht. In meinen laienhaften Vorstellungen erscheint eine Schlucht eigentlich immer als etwas reichlich Tiefes, von himmelwärts strebendem Gestein gerahmt.
Ist im Prinzip auch in diesem Fall so - allerdings führt der Weg eben nicht in oder auf der Talsohle … und auf *himmelstürmend* bin ich mental gar nicht eingerichtet. Rote und gelbe Farbkleckse markieren den Weg, und im Wesentlichen ist er auch für Schluchtwanderungslaien nutzbar.
Lustig und in ihrer Bedeutung unklar sind willkürlich in die Landschaft und den Weg gesetzte mehr oder minder instabile stählerne Gattertüren. Man ist aufgefordert, diese geschlossen zu halten. Die Bedeutung der Teile bleibt ähnlich unklar wie die Landschaftszüge in dunstiger Ferne, zumal man (oder auch die schlaue kretische Bergziege) auch ohne Toröffnung außen herum laufen könnte. Also: ein wenig rätselhaft, das Ganze.
Bei einem Zwischenstopp bemerken wir beide erste Alarmzeichen im Zehenbereich (meine Füße scheinen seit der letzten nicht erinnerungsabruffähigen Wanderung gewachsen zu sein, oder warum ist der Schuh plötzlich so eng?), noch bedenklichere Pegelstände im persönlichen Wasserreservoir und lesen sicherheitshalber nach, dass es auf dem gut 5 km weiten Weg nirgendwo etwas zum Einkehren gibt.
Und dann sollte man auch daran denken, dass am Ende des Weges, an dem kleinen Kirchlein, nicht etwa ein Zaros-Retour-Shuttle-Service ungeduldig auf uns wartet ... nein. Da heißt es dann: das Ganze noch einmal, nur in umgedrehter Richtung.
Keine übermäßig motivierenden Gedanken fürwahr.
Während wir noch am Sinnieren sind, begegnen wir einer Gruppe netter Schwaben. Das gefährliche Flackern im Blick der Schluchtbessenen ist unübersehbar. Dazu erzählen sie begeistert, dass sie diese Tour im letzten Juni zweimal gemacht hätten. Nur zur Erinnerung: da waren 45 LuftPlusGrade ...
Tja, und bis zum Kirchlein wären es schon noch ein paar Schritte.
So hat halt jeder seinen Spaß auf Kreta. Denn wollen wir auch in den Folgetagen haben - also beschließen wir ohne Gegenstimme, dass knapp drei Stunden Fortbewegung im Schluchtbereich für das erste Mal nicht schlecht und für`s erste Mal Wandern seit Jahren auch ausreichend sind.
Blasen an den Füßen und Muskelkater im Ganzkörperbereich sind keine Euphoriekatalysatoren des ganz normalen Urlaubsalltages ... und wir haben ja auch noch ein paar andere Laufeinheiten auf unserem Urlaubsanguckwunschzettel.
Bergab geht es schneller - oder ist es nur die Fata Morgana einer kleinen, beschaulichen Taverne? Wo wir im Schatten bunt blühender Sträucher ein gut gekühltes Mythos trinken. Vielleicht wirken aber auch nur einfach die Gesetze der Schwerkraft ...
Wieder am See zurück, verrät ein Blick in die ausliegenden Speisekarten, wie hier die Preisuhr tickt: schlappe 3,50€ für ein Tellerchen Tzatsiki lassen die Vermutung aufkommen, dass hier wohl gnadenlos an und in die Geldbeutel der See- und Schluchtbesucher gegriffen wird.
Es gibt auch keinerlei erschwerende erklärende Umstände (der See ist verkehrstechnisch voll erschlossen), die einen exorbitanten Preisaufschlag rechtfertigen – und ich glaube auch nicht, dass die gemeine kretische Forelle irgendwie anders schmecken sollte als das heimische Tier. Und wenn ich dann (abgesehen davon, dass ich Fisch momentan eher meiden soll) vom Tzatsikipreis hochrechne --- da staunt man schon, dass ein Großteil der Tavernenplätze gut gefüllt sind.
Wir aber wechseln erst einmal die Schuhe. Herrlich, Sandalen und Luft an der Fußsohle zu spüren!
Unser Verpflegungsstopp wird auf dem Rückweg (eine weitere Abkürzung verkneife ich mir aus zwischenmenschlicher Verhaltenstaktik) spontan in Panagia eingelegt.
Dieses Örtchen unweit von Zaros ist nicht direkt als touristische Attraktion bekannt, wird von Reisebussen links liegen gelassen oder überfahren – heißt also mit hoher Wahrscheinlichkeit: gute Küche für wenig Geld.
In der netten Taverne Ambrosia am Rande des ansonsten entwohnt wirkenden Dorfes gibt es für insgesamt 12 € Tsatziki, Bauernsalat, Weinblätter der Marke *home made super lecker* und auch noch ein Bier und ein Wasser … ja, es ist schon kein Nachteil, sich ein wenig persönliche Erfahrungen in der Inselpreispolitik angeeignet zu haben!
Der Schluchtenausflug in der *kleinen Variante*, also für sächsische Geradeausläufer, war trotzdem so anstrengend oder die Luft so gut, dass ich - allen guten Gewohnheiten trotzend - meinen Laptop mit Missachtung strafe und dafür ein höchst erquickliches Vorabendschläfchen einlege. Schreiben kann ich ja auch noch bei schlechtem Wetter. Oder später. Oder morgen.
Diesen Abend verbringen wir dann in unserer Lieblingstaverne Stochos.
Evi, die immer noch blondbraungelockerte, stets bestgelaunte Perle des Geschäfts muss das Erkennen nicht schauspielern. Für einen kurzen Augenblick lässt sie mal die anderen Gäste unbeachtet und wir fallen uns um den Hals, als hätten wir uns elf Monate nicht gesehen. Auch die Mama und die emsige Köchin hinter dem Tresen lächeln freundlich (ob es wirklich Erkennen ist, möchte ich nicht behaupten) herüber.
Ich nutze die Gelegenheit der warmherzigen Begrüßung, um Evi zwei typischen Männerwünsche ins Ohr zu flüstern ... das Lachen in ihren Augen signalisiert , dass sie weiß, was man(n) sich so wünscht.
Einen Moment später steht die Rakiflasche auf dem Tisch, und das Mythos kommt in der Flasche und aus dem Kühlschrank.
Über die Qualität des Essens (auch deshalb ist manch einer kretasüchtig) muss nicht viel gesagt werden: es ist *wie immer*, und mehr Lob geht nicht.
Zwei Überraschungen gibt es noch: der Patron hat sich einen weißen Rauschebart stehen lassen und scheint mir optisch um zwanzig Jahre gealtert. Nichtsdestotrotz ist klar zu erkennen, wer in diesem Laden das Sagen hat.
Die andere Überraschung ist kaum zu glauben nach den Erlebnissen des letzten Jahres: Vanolis, der Frauenkenner und EviBruder, ist den ganzen Abend am Arbeiten. Er bedient, räumt ab, macht auch mal einen Schwatz --- er ist voll in den Tavernenbetrieb integriert und ergraut … ob es da wohl ein Machtwort gegeben hat? Oder waren einige seiner Lieblingsdamen zu anstrengend? Und keine BMW in Reichweite?
Mal sehen, ob ich dazu für die Agia Galini Klatschspalte in den kommenden Tagen noch etwas in Erfahrung bringen kann …
Die Abendluft ist angenehm kühl, aber nicht kalt. Und in den Fressgassen ist es wegen der Küchenhitze und der Bebauungsenge schon mal ein Stück wärmer.
Wir schlendern an viel alt Bekanntem und ein wenig Neuem vorbei und bemerken, dass Miros Cafenion jetzt seinen Namen trägt und er nicht da ist.
Nun ja, muss ja auch nicht unbedingt sein, denn Schluchtenluft und Stochoskost sind eine Kombination, die für ausreichend Bettschwere sorgen. Und dann droht ja noch das Hahnvieh im Nichtmorgengrauen ...
Hahn im Korbe ist klar besser als Hahn in Agia Galini, wie uns im schüchternen Dämmern des Morgens klar wird. Das Tier gab es im vergangenen Jahr noch nicht, und wenn er so weitermacht, wird es den krächzenden gefiederten Gesellen wohl schon im kommenden Jahr nicht mehr geben. Und im Stockdunkel hat das Federvieh doch eigentlich den Schnabel zu halten!
Ich mag solche Tiere – am meistens allerdings, wenn sie nach Durchlaufen des Schongarverfahrens auf meinem Teller landen.
Na gut, es ist Urlaub. So genießen wir halt den allmählich heran reifenden Morgen mit der Akustik eines nie angestrebten Urlaubes auf dem Bauernhof. Genießen ist wohl nicht das richtige Wort ...
Und vielleicht bekomme ich in den kommenden Tagen auch den Aufenthaltsort des Störenfriedes in Erfahrung … könnte mir gut vorstellen, dass es da bei Miro im Kafenion oder sonstigen einschlägig bekannten Etablissiments Einiges an Insiderwissen gibt.
Nach der äußerst angenehmen abendlichen Überraschung zur Lage, Ausstattung und Einrichtung des Zimmers wird in Kürze die letzte Unbekannte aufgelöst: ab 08:00 Ortszeit soll es Frühstück geben.
Unverständlich sicher für jeden Hiergeborenen, dass man um diese Zeit etwas Anderes als schwarzen Kaffee und eine Zigarette zu sich nehmen kann.
Egal, wir wissen um diese *Problematik* (zumindest wird es von einigen Ewig- und Immernörglern zu einer solchen hochstilisiert – dabei darf man doch meines Wissens freiwillig entscheiden, wohin die Urlaubsreise geht … also, was soll dann das Jammern?), und so sind wir keinesfalls enttäuscht, als wir *nur* Käse, Wurst, Joghurt (diese dafür Weltklasse!) und bisschen Süßes vorfinden. Das ist halt Griechenland, und das ist in Ordnung so.
Ein Kätzchen umschleicht unsere Füße, aber sie ist gut erzogen: gebettelt wird nur mit den Augen. Und da sich andere Urlauber schneller von ihrer Wurst trennen (oder taktisch klug von vornherein den Teller überladen haben), muss das kleine Wesen nicht leiden. Wir auch nicht – denn man darf nachholen, so viel herein passt und so oft man Lust hat.
Die Sonne lässt schon erkennen, dass wir im Übergang zum Sommer leben - aber natürlich ist es eine wahre Wohltat im Vergleich zur vorjährigen Hitzeprüfung (für die Neuen: nachzulesen u.a. hier (http://www.kretaforum.eu/showthread.php?t=5377)).
Meine Exceltabelle erleichtert unsere Entscheidungen zur Tagesgestaltung, die ergänzenden Scans und Internetausdrucke geben auch schon mal einen visuellen Vorgeschmack auf Kommendes.
Bei den gegenwärtigen Temperaturen kann man wohl auch mal einen Fuß in die eine oder andere Schlucht setzen, auch wenn der Grundfitnesszustand eben sehr grundig erscheint ...
Wir entschließen uns, als erste Schluchterfahrung die namens Rouvas (http://www.online-guide-kreta.de/) zu wählen.. Da können wir dann gleich noch einmal das kräftig türkisgrüne Wasser des Forellensees in Zaros genießen.
Die wenigen Serpentinen aus der Bucht heraus fordern schon ein gutes Stück Arbeit von unserem Koreaner, der – wie im letzten Jahr – nun nicht direkt durch Übermotorisierung fasziniert. An den zahlreichen kleinen Italienern (den vierrädrigen) und Japanern (auch den mehrrädrigen) fährt er aber allemal locker vorbei.
Klar, wer `nen Ferrari wünscht, muss sich selbigen mieten und einen knappen Tausender pro Tag über haben. Soweit die Theorie. Die Praxis nennt sich Hyundai Accent (http://www.hyundai.de/webcontent.omeco?FOLDERID=12&PHPSESSID=9eff28cd2d38af01bf63a50ed4a2842b). Rot. Deshalb der abschweifende Gedanke in Richtung Maranello!
Der Blick fällt auf die Kammlagen des Ida Gebirges. Angeschnuddelten Handtüchern gleich markieren sich in der Morgensonne die Schneereste des kretischen Winters.
Apropos angeschnuddelt: die GewächshausZeltlandschaft Tymbakis hat auch nicht weiter an Reiz gewonnen. Nur gut, dass die in diesen schmutzig erscheinenden, Folie ummantelten, mehr oder minder instabilen Rahmenkonstruktionen, produzierten Gemüse dann völlig anders schmecken. Überaus aromareich und mit keinen Tomaten oder Gurken oder Paprika aus dem heimischen Supermarkt auch nur ansatzweise vergleichbar. Optisch nicht der Gipfel, geschmacklich aber wohl – und gleichzeitig der kulinarische Beweis für die alte Volksweisheit, dass man sich nicht von manch äußerer Schale oder dem ersten Eindruck täuschen lassen sollte.
Nun gut, ich schweife ab – denn es soll ja die Rouvas Schlucht das Thema sein und nicht meine höchst interessanten ernährungspsychologischen Erörterungen ...
Ich meine, auf der Karte eine kürzere Strecke nach Zaros erkannt zu haben …
Nun ist das so seine Sache mit meinen Abkürzungen und den Unterschieden zwischen Theorie und Praxis --- als wir uns nur noch im ersten Gang über grobes und lockeres Gestein tasten können, bezweifelt die Spottyfrau bereits meine Aussagen zur Streckenführung. Und als der Hohlweg schließlich abrupt in einer Vollumzäunung endet, ist es auch mit weiteren glaubhaften Erläuterungen etwas schwierig.
Okay, für`n StraßenPKW ist das Teil aber erstaunlich offroadtauglich, will ich mal hier festhalten!
Zähneknirschend (also meine knirschen virtuell) tasten wir uns halt die nicht vorhandene Straße wieder bergab. Der später wieder einsetzende Straßenbelag kündet davon, nun wieder in bewohntem Areal unterwegs zu sein.
Ich schätze mal , dass 90 kostbare Urlaubsminuten vergeudet wurden – aber was heißt hier schon vergeudet? Wir haben Strecken gesehen, die sicher nicht allzu oft befahren werden. Von Touristen gleich gar nicht.
Und weder der Auspuff ist abgerissen , noch ein Reifen zerschlissen und aufgesetzt sind wir auch nicht (so das verbal aufgebaute Horrorszenario der Spottyfrau) … und am Ende sind wir wieder auf der Hauptstraße gelandet, die wir vor anderthalb Stunden verlassen haben.
Dass Samstag Marktag in Mires (http://www.tassia.de/13801.html?*session*id*key*=*session*id*val*) ist, wissen wir vom letzten Jahr – auch, dass der Verkehr da über eine nicht zu großzügig in die Breite gebaute Straße abseits der Hauptstrecke geführt wird.
Ich fühle mich pudelwohl im Kampf um jeden Zentimeter Seitenfreiheit, und so ist die kurzzeitige leichte Frustentwicklung ob der ungewollten Geländeerkundung schnell verraucht.
Es geht auch deshalb etwas schleppend voran, weil sich zwei eindeutig als kretisch zu identifizierende Fahrzeuglenker (Rücklicht zerschlagen, Stoßstange mit Draht fixiert, Zigarette) mal schnell über die Chancen der griechischen Fußballer beim kommenden Championat unterhalten, oder vielleicht über die Wetterprognosen oder wo man sich heute zum Raki trifft oder aber über --- nein, über den gerade beendeten Streik spricht man sicher nicht. Der ist Vergangenheit.
Wie dem auch sei, *siga,siga* verkörpert kretisches Lebensgefühl, und so nehmen wir – ohne schwerer Hand auf der Hupe, und deshalb klar als Ausländer eingeordnet – mit einem Schmunzeln dieses Hindernis zur Kenntnis.
Am See angelangt, sind wir überrascht, wie viel Begängnis hier herrscht: Parkplätze sind schon am knapp werden.
Da aber die Geländegängigkeit unseres Boliden kürzlich getestet wurde, ist es kein hohes Risiko, mit etwas Schwung auf das durchfurchte Erdplateau oberhalb der Straße zu fahren.
Schuhe wechseln (nun sind die Wanderschuhe wenigstens diesmal nicht umsonst mitgeflogen), Wasservorräte auffrischen ... und dann kann es auch schon los gehen. Wann bin ich eigentlich das letzte Mal richtig gelaufen??? Ich bekomme das Rätsel nicht gelöst!
Wir sind auch nicht die einzigen Schluchtwanderungstouristen.
Allerdings wundere ich mich schon ein wenig, dass es fast stetig bergauf geht. In meinen laienhaften Vorstellungen erscheint eine Schlucht eigentlich immer als etwas reichlich Tiefes, von himmelwärts strebendem Gestein gerahmt.
Ist im Prinzip auch in diesem Fall so - allerdings führt der Weg eben nicht in oder auf der Talsohle … und auf *himmelstürmend* bin ich mental gar nicht eingerichtet. Rote und gelbe Farbkleckse markieren den Weg, und im Wesentlichen ist er auch für Schluchtwanderungslaien nutzbar.
Lustig und in ihrer Bedeutung unklar sind willkürlich in die Landschaft und den Weg gesetzte mehr oder minder instabile stählerne Gattertüren. Man ist aufgefordert, diese geschlossen zu halten. Die Bedeutung der Teile bleibt ähnlich unklar wie die Landschaftszüge in dunstiger Ferne, zumal man (oder auch die schlaue kretische Bergziege) auch ohne Toröffnung außen herum laufen könnte. Also: ein wenig rätselhaft, das Ganze.
Bei einem Zwischenstopp bemerken wir beide erste Alarmzeichen im Zehenbereich (meine Füße scheinen seit der letzten nicht erinnerungsabruffähigen Wanderung gewachsen zu sein, oder warum ist der Schuh plötzlich so eng?), noch bedenklichere Pegelstände im persönlichen Wasserreservoir und lesen sicherheitshalber nach, dass es auf dem gut 5 km weiten Weg nirgendwo etwas zum Einkehren gibt.
Und dann sollte man auch daran denken, dass am Ende des Weges, an dem kleinen Kirchlein, nicht etwa ein Zaros-Retour-Shuttle-Service ungeduldig auf uns wartet ... nein. Da heißt es dann: das Ganze noch einmal, nur in umgedrehter Richtung.
Keine übermäßig motivierenden Gedanken fürwahr.
Während wir noch am Sinnieren sind, begegnen wir einer Gruppe netter Schwaben. Das gefährliche Flackern im Blick der Schluchtbessenen ist unübersehbar. Dazu erzählen sie begeistert, dass sie diese Tour im letzten Juni zweimal gemacht hätten. Nur zur Erinnerung: da waren 45 LuftPlusGrade ...
Tja, und bis zum Kirchlein wären es schon noch ein paar Schritte.
So hat halt jeder seinen Spaß auf Kreta. Denn wollen wir auch in den Folgetagen haben - also beschließen wir ohne Gegenstimme, dass knapp drei Stunden Fortbewegung im Schluchtbereich für das erste Mal nicht schlecht und für`s erste Mal Wandern seit Jahren auch ausreichend sind.
Blasen an den Füßen und Muskelkater im Ganzkörperbereich sind keine Euphoriekatalysatoren des ganz normalen Urlaubsalltages ... und wir haben ja auch noch ein paar andere Laufeinheiten auf unserem Urlaubsanguckwunschzettel.
Bergab geht es schneller - oder ist es nur die Fata Morgana einer kleinen, beschaulichen Taverne? Wo wir im Schatten bunt blühender Sträucher ein gut gekühltes Mythos trinken. Vielleicht wirken aber auch nur einfach die Gesetze der Schwerkraft ...
Wieder am See zurück, verrät ein Blick in die ausliegenden Speisekarten, wie hier die Preisuhr tickt: schlappe 3,50€ für ein Tellerchen Tzatsiki lassen die Vermutung aufkommen, dass hier wohl gnadenlos an und in die Geldbeutel der See- und Schluchtbesucher gegriffen wird.
Es gibt auch keinerlei erschwerende erklärende Umstände (der See ist verkehrstechnisch voll erschlossen), die einen exorbitanten Preisaufschlag rechtfertigen – und ich glaube auch nicht, dass die gemeine kretische Forelle irgendwie anders schmecken sollte als das heimische Tier. Und wenn ich dann (abgesehen davon, dass ich Fisch momentan eher meiden soll) vom Tzatsikipreis hochrechne --- da staunt man schon, dass ein Großteil der Tavernenplätze gut gefüllt sind.
Wir aber wechseln erst einmal die Schuhe. Herrlich, Sandalen und Luft an der Fußsohle zu spüren!
Unser Verpflegungsstopp wird auf dem Rückweg (eine weitere Abkürzung verkneife ich mir aus zwischenmenschlicher Verhaltenstaktik) spontan in Panagia eingelegt.
Dieses Örtchen unweit von Zaros ist nicht direkt als touristische Attraktion bekannt, wird von Reisebussen links liegen gelassen oder überfahren – heißt also mit hoher Wahrscheinlichkeit: gute Küche für wenig Geld.
In der netten Taverne Ambrosia am Rande des ansonsten entwohnt wirkenden Dorfes gibt es für insgesamt 12 € Tsatziki, Bauernsalat, Weinblätter der Marke *home made super lecker* und auch noch ein Bier und ein Wasser … ja, es ist schon kein Nachteil, sich ein wenig persönliche Erfahrungen in der Inselpreispolitik angeeignet zu haben!
Der Schluchtenausflug in der *kleinen Variante*, also für sächsische Geradeausläufer, war trotzdem so anstrengend oder die Luft so gut, dass ich - allen guten Gewohnheiten trotzend - meinen Laptop mit Missachtung strafe und dafür ein höchst erquickliches Vorabendschläfchen einlege. Schreiben kann ich ja auch noch bei schlechtem Wetter. Oder später. Oder morgen.
Diesen Abend verbringen wir dann in unserer Lieblingstaverne Stochos.
Evi, die immer noch blondbraungelockerte, stets bestgelaunte Perle des Geschäfts muss das Erkennen nicht schauspielern. Für einen kurzen Augenblick lässt sie mal die anderen Gäste unbeachtet und wir fallen uns um den Hals, als hätten wir uns elf Monate nicht gesehen. Auch die Mama und die emsige Köchin hinter dem Tresen lächeln freundlich (ob es wirklich Erkennen ist, möchte ich nicht behaupten) herüber.
Ich nutze die Gelegenheit der warmherzigen Begrüßung, um Evi zwei typischen Männerwünsche ins Ohr zu flüstern ... das Lachen in ihren Augen signalisiert , dass sie weiß, was man(n) sich so wünscht.
Einen Moment später steht die Rakiflasche auf dem Tisch, und das Mythos kommt in der Flasche und aus dem Kühlschrank.
Über die Qualität des Essens (auch deshalb ist manch einer kretasüchtig) muss nicht viel gesagt werden: es ist *wie immer*, und mehr Lob geht nicht.
Zwei Überraschungen gibt es noch: der Patron hat sich einen weißen Rauschebart stehen lassen und scheint mir optisch um zwanzig Jahre gealtert. Nichtsdestotrotz ist klar zu erkennen, wer in diesem Laden das Sagen hat.
Die andere Überraschung ist kaum zu glauben nach den Erlebnissen des letzten Jahres: Vanolis, der Frauenkenner und EviBruder, ist den ganzen Abend am Arbeiten. Er bedient, räumt ab, macht auch mal einen Schwatz --- er ist voll in den Tavernenbetrieb integriert und ergraut … ob es da wohl ein Machtwort gegeben hat? Oder waren einige seiner Lieblingsdamen zu anstrengend? Und keine BMW in Reichweite?
Mal sehen, ob ich dazu für die Agia Galini Klatschspalte in den kommenden Tagen noch etwas in Erfahrung bringen kann …
Die Abendluft ist angenehm kühl, aber nicht kalt. Und in den Fressgassen ist es wegen der Küchenhitze und der Bebauungsenge schon mal ein Stück wärmer.
Wir schlendern an viel alt Bekanntem und ein wenig Neuem vorbei und bemerken, dass Miros Cafenion jetzt seinen Namen trägt und er nicht da ist.
Nun ja, muss ja auch nicht unbedingt sein, denn Schluchtenluft und Stochoskost sind eine Kombination, die für ausreichend Bettschwere sorgen. Und dann droht ja noch das Hahnvieh im Nichtmorgengrauen ...