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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : K.r.e.t.a. (2008) Spotty ... Kloster Apezanou



spotty
27.June.2008, 08:06
26.05.2008 Klosterbesuch Moni Apezanou

Klar, dass man vier Uhr morgens gut munter sein kann, auch im Urlaub. Man muss nur zeitig genug zu Bett gehen, und das hatte ich ja gestern rotweinseelig so gehandhabt. Übrigens bin ich ganz ohne fremde tierische Hilfe wach geworden ... man gewöhnt sich an Alles.
Also nutze ich die frühe kühle Morgenstunde, um ein paar Fotos vom gerade verschwindenden Mond zu schießen und erinnerungsmäßig den gestrigen Tag in den Laptop zu drücken.

Aus Schaden wird man manchmal klug, und im Interesse des Auskosten der äußerst gesunden kretischen Küche gelobe ich mir selbst, künftig wählerischer und – sofern möglich – ein wenig vernunftbegabter bei der Auswahl meiner Getränke zu sein.
Auch, weil die Spottyfrau ob der gestrigen Abendgestaltung *not amused* ist. Premiere für den bis dato völlig unbekannten Kretanichterlebnisabend auf schicker Hotelbude war das …okay, Schwamm drüber! Und mit frisch angeschlafener Kraft hinein in den Urlaubsalltag!

Beim Blick auf meine Excelliste möglicher Besichtigungsziele im 100km Umkreis fallen mir nicht mehr viele offene Punkte ins Auge.
Übrigens hat die Erfahrung gelehrt, dass eine von den Zahlen zunächst nicht schwierig erscheinende 100km Strecke sich ordentlich ziehen kann. Es ist eben ein himmelweiter Unterschied, ob ich so ein Unterfangen auf breiten heimischen Autobahnpisten unter die Räder nehme, oder ob mir hier eine leidlich gute Straßenkarte die eine oder andere Serpentine geflissentlich verschweigt ... oder man plötzlich auf einer Straße ist, die es eigentlich gar nicht gibt oder eine sucht, die es auch nicht gibt ...

Aber nur am Hotelpool herumliegen ist eine Sache, die ich nun eigentlich überhaupt nicht abhaben kann. Völlig egal, ob einem dabei so ein nettes Bulldoggenschweinchen Gesellschaft leistet oder nur die heiße Sonne. Manche schaffen das acht Stunden am Stück und können dann bestimmt eine ganze Menge von Kreta erzählen.

Wir einigen uns folglich kurz entschlossen auf einen weiteren Klosterbesuch.
Irgendwo in meinen Unterlagen finde ich ein paar brauchbare Informationen zu Moni Apezanou, dazu noch einige Infos aus dem Fohrer: es gibt also keine Hemmnisse auf dem Weg in ein weiteres Kloster. Besuchsweise.

Mittlerweile sind die Ortsdurchfahrten Tymbaki und Mires nicht die Spur erregend. Weil es gerade so zufällig an der Strecke liegt, entschließen wir uns spontan zu einem Informationsbesuch bei LIDL unweit von Mires.
Die Einschätzung ist schnell geschrieben: es gibt die gesamte Alltagspalette , etwas teurer als in Deutschland und preiswerter als im kleinen Supermarket im Ferienort – und an der Diskussion, ob man Böses tut, wenn man hier kauft, oder ob LIDL auch in deutschen Landen Dreck am Stecken hat, werde ich mich nicht beteiligen. Ich bin nicht so naiv, an die *heile Welt* zu glauben, und wenn ich hier LIDL boykottiere, dann schade ich zuerst meiner Urlaubskasse.
Und ich tauge nicht zum Borderliner … aber ich akzeptiere es, wenn Andere anders denken, so wie ich voraussetze, dass jene in der Lage sind, mein *Andersdenken* auch hinnehmen zu können.
Aber zurück zum Thema: wenn man Selbstversorger ist, dann findet man hier wirklich alles zum Urlaubsüberleben Wichtige, und noch ein paar Überflüssigkeiten dazu. Wie Zuhause. Ich weiß mittlerweile aus einigen Gesprächen, dass es auch hier nicht wenige Leute gibt, die auf`s Geld sehen. Auch unter diesem Aspekt ist dann halt der Supermarkt eine akzeptable Option, oder?

Den Versuch, die Zufahrt wieder zurück zu fahren, unterbreche ich. Es ist *eigentlich* eine Einbahnstraße, und man muss sich ja nun nicht unbedingt überkretisch verhalten. Auch wenn zwei PickUps vor uns unbeeindruckt die falsche Richtung nehmen. Und an der Einmündung zur Hauptstraße dann doch ein Vorfahrtszeichen für die Falschfahrer steht.
Das nenne ich Dienst am Verkehrssünder ... muss ich nun eigentlich Verkehrszeichen beachten oder sind sie nach dem Zufallsprinzip in die Landschaft gesteckt ???

Wir wenden und fahren *gefühlsmäßig* - weil ohne Wegweiser - in die richtige Richtung. Sicherheitshalber fragen wir in Platanos bei zwei Straßenbauarbeitern noch einmal nach, ob die Richtung stimme. Tut sie, und fast unterschwellig fällt auf, wie locker man nunmehr mit diesen sehr überschaubaren Kenntnissen der Landessprache radebrecht und zurecht kommt. Geht gut, man muss sich nur trauen!
Die Kreter haben uns den Abzweig nach Plora erklärt, Und danach muss man eigentlich nur keine Angst vor den manchmal extrem schmalen Ortsdurchfahrten haben … es gibt, der Göttergilde rund um Zeus sei es gedankt, meist keinen Gegenverkehr. Und wenn, dann arrangiert man sich halt.

Nicht zur Abschreckung, nur zum Verständnis: in den kleinen Orten gibt es meist keinerlei Hinweise auf die richtige Richtung. Bleibt also nur die eigene Nase oder eben der Informant am Straßenrand. Besonders Letzterer funktioniert immer.
Hat man Plora durchfahren und hat auf die Wegweiser geachtet, kann nach dem rechts abbiegen nichts mehr schief gehen. Nach ein paar Kilometern bergauf und bergab kommt man wenig später an eine kleine Kapelle, wo auch die Ausschilderung zum Kloster gut zu erkennen ist.

Wir entsinnen uns unserer guten Erfahrung des gestrigen Tages (natürlich haben wir auch die Entfernungsangabe *1 km* gelesen), parken den Hyundai hinter der Kapelle und nehmen den letzten staubigen Kilometer unter die Sandalen.

Wieder sind es nur Schafe und Ziegen, die unseren Weg kreuzen – und wenn man sich das Verhaltensschema der Kreaturen so vergegenwärtigt, dann wird einem der tiefere Sinn dieses Begriffes *nicht intelligente Ziege* (oder so ähnlich) fast bildhaft klar. So doof, wie die erst starren und dann panikartig das Terrain räumen … Andere stehen wie in Stein gemeißelt auf selbigem, und ich hoffe nur, dass meine fotografischen Bemühungen dies auch nachvollziehbar dokumentieren.

Aus der Ferne können wir bereits das Kloster sehen.
Leider jedoch windet sich der breite feste staubige Weg noch um einige Biegungen, bevor wir wirklich da anlangen. Spottyfrau hat wie immer ihre *Es-könnte-mal-ein-Kloster-kommen-Ausrüstung* dabei und betritt in weites buntes Tuch gehüllt den heiligen Boden.

Die erste Feststellung ist Kindergeschrei und eine junge Frau. Gehören wohl dem Hausmeister. Beide.

Die zweite Feststellung ist der wohltuende Unterschied zur Kleintierhaltung im Gegensatz zu den Tierquälern unserer Wahlheimat (siehe Hahn und Hühner auf Mindestraum in Agia Galini) : hier fühlen sich mehrere Hähne nicht nur ob der zahlreichen Hühner sehr wohl - denn das Freigehege ist großzügig umfasst und es gibt auch Schatten spendende Bäume.

Die dritte Feststellung ist, dass sich das Kloster in einem auffallend guten Sanierungszustand befindet, wenn man einmal den bröckelnden Balkon an einem der Häuser vernachlässigt.
Kaum haben wir den Klosterhof betreten, kommt aus einem der Gemächer ein Mönch, um uns in die kleine Kapelle in der Mitte des Hofes einzuladen.
Natürlich darf ich fotografieren, bedeutet er mir, und so versuche ich, einige der Eindrücke auf den Chip zu bannen. Besonders die reichhaltige Ansammlung von Ikonen unterschiedlichster Größe fasziniert mich, und fast übersehen wir den sehr diskret angeordneten Schlitz im Holz des Eingangsbereiches, wo man etwas für den Erhalt des Arreals tun kann.

Wir werden allein gelassen, und erst, als wir wieder auf dem Hof weitere Eindrücke sammeln, zeigt sich der würdige Mann wieder. Er bringt Kekse und reicht uns Becher, um vom frischen Wasser des Brunnens trinken zu können. Mir scheint ein klein wenig Anerkennung in seinem Blick zu liegen, als wir erzählen, dass das Auto an der richtigen Straße geblieben ist und wir den unbeschwerlichen letzten Kilometer zu Fuß bewältigt werden.

Zwei weitere Mönche gesellen sich zu unserer Runde, wir müssen noch einmal kosten und erzählen, wo wir auf der Insel wohnen und woher wir kommen. Freundlich und offen erscheinen mir die Männer, und so verweilen wir gern noch ein Weilchen.
Der Rückweg ist dann weiteren Verhaltensstudien der gemeinen kretischen Ziege gewidmet – alldieweil sich keine neuen Erkenntnisse gewinnen lassen. Die haben einfach Schiss vor uns. Basta.

Weiter geht die motorisierte Tour dann durch ziemlich einsame Dörfer, die gewiss für den Großteil der Kretaurlauber überhaupt keine Assoziationen wecken: Apesokari, Kandila, Vasiliki und Vagionia sind Namen, die auch in meiner Exceltabelle nicht vorkommen.
Meist findet sich aber eine schöne Kirche mit einem noch beeindruckenderen Friedhof davor, und nicht an jeder kann man halten …

Eigentlich wollen wir ja auch noch nach Tsoutsouros – als wir aber beim Zwischenstopp zur Besänftigung knurrender Mägen und durstiger Kehlen nahe Stoli am Straßenrand sitzen und auf die Uhr schauen, wird mir klar, dass dies wohl nicht mehr sinnvoll erscheint.
Es ist schon nach 02:00 ... und bis dahin und über die Küstenstraße nach Keratokambos und dann noch bis Agia Galini zurück : das ist kein Urlaub, das ist Stress.

Also bezahlen wir – eine Ausnahme in vierzehn Tage bestätigt die Regel – für äußerst dürftiges Tzatsiki und den Bauernsalat nebst Mythos unangemessene 12 Teuronen.
Ich ärgere mich zudem, dass mir die Zeitsituation nicht eher klar geworden ist. Da wären wir in aller Ruhe in eine unserer Lieblingstavernen gerollt. Egal, ist nicht mehr zu ändern.

Wir trösten uns mit einem kurzen Halt in Mires, wo wir Jannis gerade noch in seinem Kafenion antreffen, bevor sein zweiter Dienst im Irini Mare *bei uns* beginnt.
Seine Freude über das Wiedersehen ist ungekünstelt, und in Erinnerung an den gestrigen Spätnachmittag verzichte ich auf diesen *Raki for the road* , bestelle dafür aber ein paar Flaschen zur Überbrückung der deutschen Tage bis zur Wiederkehr in 2009. Außerdem muss ja auch irgendwie zünftig aufgetischt werden, wenn in Kürze die Heinsberger ihren Antrittsbesuch in Sachsen machen …

Und weil Relaxen einen höheren Stellenwert hat als stupides Excel-Tabellen-Punkte-Abfahren, lassen wir uns lieber im Hafen von Agia Galini in wunderbar bequemen Sesseln (über die körperliche Plage mit den meisten der angebotenen Tavernenstühle habe ich bislang höflich geschwiegen) einen Frappé und ein Schokoladeneis schmecken.
Auch nicht übel für den Nachmittag, finde ich. Es geht im Ausnahmefall auch mal ohne Schotterpisten und Spitzkehren! Auch ein Traumpanorama bietet der Hafen nicht, aber den Blick auf kretsiches Leben am Nachmittag.

Weil das Kartentelefon hier billig scheint, melden wir uns noch kurz bei Andreas, um für den morgigen Tag Konkretes zu unserem Treff in Archanes zu vereinbaren.
Ist zwar weiter zu fahren, als ich hätte bei akribischerer Recherche hätte längst wissen müssen (das sind wohl die kretischen Gene in mir?) – aber ich denke, dass es erstens lustig wird und zweitens auch reichlich zu sehen gibt in einer Gegend, die uns bis dato noch nicht untergekommen ist.
Und wenn wir zeitig starten und schön auf der Hauptstraße bleiben … und Benzinprobleme sind ja mittlerweile Schnee aus einer längst vergangenen Zeit … das sollte schon zu machen sein.

Am Schluss des Tages geht es mal wieder zu Onar – schon, weil der irgendwie an Verona (die Stadt!) und Romeo und Julia erinnernde, in die Fressmeile ragende Balkon, ein ausgesprochen schönes Plätzchen darstellt.
Da sitzt man entspannt oben und lässt das Geschehen da unten an sich vorbeiziehen ... kann dazu ab und am Mythos nippeln und einen Happen essen … ich weiß gar nicht, warum wir diese höchst exklusiven Plätze erst in diesem Jahr entdeckt haben. Vielleicht, weil wir - wie alle Hungrigen - sofort in Richtung *Roof Garden Harbour View* gelaufen sind? So wie es alle Gäste tun, die die Stufen hinauf gefunden haben?
Wir genießen das lauschige Plätzchen und das allabendlich erwachenden Leben in den Fressgassen.

Schade übrigens – aber das mindert das abendliche Erlebnis nur unbedeutend - dass die Fleischplatte beim ersten Mal so ausnehmend gut gewesen ist, dass eine Wiederholung fast unmöglich schien. Genau so kommt es, und so genieße ich halt die Aussicht mehr als die Tellerauflagen. Und es fällt jeden Abend mehr auf, dass die Hochsaison und der Sommer näher rücken: die Tavernen werden voller und die Luft ist wärmer.

Wenn man dann den Tag mit einem Schluck Rotwein und dem Meer-Agia-Galini-Bucht-Blick vom geräumigen Hotelbalkon ausklingen lässt, versucht man tapfer alle Gedanken an Heimreise und Alltag und das Nicht-Kreta-Dasein zu verdrängen … Ist doch eh` nur ein Jahr Pause!

Britula
27.June.2008, 10:53
Hallo Spotty,

....wieder einmal super !
Macht sehr viel Spaß Deine lustigen und informativen Berichte zu lesen -> weiter so !
Die Fotos sind ebenfalls prima.

W.W.7640
27.June.2008, 10:56
Hallo Spotty,
wie all Deine Berichte, super und ausführlich geschrieben, man erlebt Deine Tagestouren richtig mit. Auch Deine tollen Fotos runden den Tagesablauf gekonnt ab. Für Deine Mühe, ich glaub für Dich ist es gar keine, sag ich noch einmal ein großes Dankeschön. :biggthump

Kretamum
27.June.2008, 11:04
Spotty, ein wunderbarer Bericht - so wie wir es schon gewöhnt sind.

Und ich habe mich so gefreut, auch von meinen Frühlings-Lieblingsfrüchtchen ein Foto zu entdecken - die Mispelfrüchte (allerdings Despola bzw. Mousmoula genannt) ... :grin:

Schnegge
27.June.2008, 16:56
[QUOTE=spotty;109029]
Außerdem muss ja auch irgendwie zünftig aufgetischt werden, wenn in Kürze die Heinsberger ihren Antrittsbesuch in Sachsen machen …

Haben wir gemacht und sind bestens bedient worden.:biggthump:jo:
Haben übrigens gestern beim Grillabend den Raki genossen :party48:Lecker,lecker :grin:

Anja&Thomas
27.June.2008, 17:26
Hallo Spotty,

Du hast was vergessen :biggthump.

VG Thomas

Schnegge
28.June.2008, 09:54
Hallo,

ohne Worte.....

GG

Wieso "ohne Worte" Guennie :smiley8:
Nicht verstanden :confused:

Der Raki wurde doch von uns persönlich bei Spotty abgeholt und vorgestern mit Andrea und Willi verkostet und für GUT befunden - was will man mehr :biggthump
Wünsch Euch allen ein spannendes Fußballwochenende :jo:

Sozza 2
28.June.2008, 17:29
Wirklich interessant zu lesen, Spotty,


26.05.2008 Klosterbesuch Moni Apezanou



Dieses ist ein ungemein interessantes Kloster! Heisst aber doch: Μονή Απεζανών, hinten on.

An Reinhilde: Im griechischen Wiki steht:

Από το γεγονός έλαβε το όνομα Απεζανές η μονή, επειδή εκεί επέζεψε ή απέζεψε ο Άγιος (από το πεζέφνω= αφιππεύω).

Das müssten wir mal übersetzen, wegen spannend ...


27.05.2008
... die minoische Negropole Fourni ...
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Da wohnen aber Tote in der Nekropole, keine Neger.

Super, echt! Festus

Funny
28.June.2008, 18:51
Hi Spotty,

hat Spass gemacht, Deinen Bericht zu lesen.
Und tolle Fotos
Vielen Dank

liebe Grüsse
Funny