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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : "sfakia"....



Bettina
28.January.2009, 16:40
ΣΦΑΚΙΑ .......Η ΡΙΖΑ ΤΗΣ ΚΡΗΤΗΣ.
SFAKIA.....Die Wurzel Kretas

Hallo Ihr Lieben,

und wieder mal geht es um einen Link den ich gefunden habe...von "MEINER" Sfakia.....der Link gefällt mir so gut, daß ich ihn euch zeigen möchte.....er ist auf griechisch, aber ich werde immer wieder Seite für Seite übersetzen.

Ich fange an mit

Sitten und Bräuche

die Geburt

Wenn eine Frau Schwanger war, brachten ihr die Nachbarinnen einen teller Essen, dem Kind im Bauch zuliebe. Die Hebamme, die auch Meisterin genannt wurde lernte sich ihr Wissen selber an und sie entnahm die Kinder bei der Geburt. Ihre "Apotheke" war, Anis, "Apigansus" / Gefranste Raute (http://de.wikipedia.org/wiki/Ruta_chalepensis) und Kamille.
Damit die "Louchouna" so wurde die Frau, die gerade ein Kind bekam, Milch produziert, bekam sie "Tholostasi" zu trinken, Mehl in viel Wasser gelöst....damit das ganze trinkbar wurde, gab man entweder Zucker oder auch Sesam dazu.
Die Geburt eines Jungen wurde begleitet von freudigen Schüßen, während bei der Geburt eines Mädchens dies nicht geschah.
In den ersten Tagen nach der Geburt kam der Geistliche ins Haus, um Mutter und Kind zu segnen. Nach einigen Tagen ging dann die Mutter mit dem Kind zur Kirche, dort wurde es mit dem ihm vorgesehenen Namen in die Kirchengemeinde aufgenommen (keine Taufe).
In den ersten 40 Tagen darf die Mutter über keine fremde Türschwelle treten. In diesen Tagen kommen die Fremden zu Mutter und Kind um es zu sehen und die Geschenke zu überbringen, Geld oder Gold.

Das Kind wurde am Brustkorb eingebunden, mit einem Tuchband "Faskoni", dann kamen die "Kolopana" Windeln und dann wurde das ganze Kind bis auf den Kopf in ein weiteres Tuch gewickelt "Fasika"....damit es gerade wird wie eine Zypresse.
Wenn die Mutter das Kind das erste mal zu Fremden bringt, bekommt es etwas Zucker aufs Köpfchen.

Ein Lied zur Entwicklung des Kindes (da es sehr schwer war, recht frei übersetzt)

Vom Kind das neugeboren wird, wird von einer Frucht gesprochen.
Im 2. Monat ist es gut, wenn es zu lachen beginnt.
Im 5. Monat sitz es dann und im 6. kommt es dann voran.
Im 7. soll es sich nicht scheuen auf seine Sohlen aufzutreten.
Im 9 Monat _____?? und kann 10 Wörter sprechen.
Mit 18 Jahren fast ein Mann wächst ihm der erste Bart heran.
Mit 25 beginnt er sich zu binden.
Mit 30 hinterfragt er dann denn Sinn sein eigen Haus und Familie zu gründen.
Mit 60 ist es klipp und klar, die guten Zeiten waren mal.
Mit 70 ?????
Mit 80kommt er schlecht voran sieht kaum und hört nichts mehr.
Mit 90 ist es dann genug und langweilt auch die Seinen.



ΓΕΝΝΗΣΗ - GEBURT (http://www.e-sfakia.gr/index.php?option=com_content&task=view&id=175&Itemid=82)

Fortsetzung folgt....das nächste mal " TAUFE"

Kretamum
28.January.2009, 17:09
Schöööön, Bettina :jo::jo:
Wirkliche eine tolle Seite. Μου άνοιξες την όρεξη ... :flenn:

ζάλο κάνει - das stammt wohl von ζαλίζομαι oder?

mit 9 Monaten steht es wacklig auf den Beinen und kann zehn Wörter .....
das wäre mein Vorschlag, auch so ziemlich ganz frei kombiniert :grin:

Bettina
28.January.2009, 18:43
Schöööön, Bettina :jo::jo:
Wirkliche eine tolle Seite. Μου άνοιξες την όρεξη ... :flenn:

ζάλο κάνει - das stammt wohl von ζαλίζομαι oder?

mit 9 Monaten steht es wacklig auf den Beinen und kann zehn Wörter .....
das wäre mein Vorschlag, auch so ziemlich ganz frei kombiniert :grin:

ja...kann man doch so stehen lassen...:biggthump:biggthump

robinson
28.January.2009, 18:47
Ich kann nicht so richtig den Zusammenhang erkennen mit der Sfakia:schild11:

Kashi
28.January.2009, 18:54
Hallo Bettina,

finde ich auch ganz interessant, diese Seite.

Ist das Gedicht auf kretisch, sprich mit kretaspezifischen Vokabeln und Ausdrücken durchsetzt, oder sind es eher altertünliche Formulierungen. Da sind mir nämlich einige recht fremd, auch die grammatikalischen Formen. Spannend!

Liebe Grüße

Kashi

Bettina
28.January.2009, 19:13
Η ΒΑΠΤΙΣΗ / DIE TAUFE

Die Taufe des Kindes war ein großes Fest für die Familie.
Die Wahl des "Sindeknos" ( Verhältnis Paten-Eltern) also des Paten vollzog sich nach verschiedenen Kriterien. In den meisten Fällen um eine Freundschaft oder eine Hochachtung zu besiegeln, die Wahl des Sindeknos wurde auch benutzt um eine Vendetta zu beenden...oder Freund einer reichen einflußreichen Familie der Gemeinde zu werden.

Der Pate wählte eine gewisse Anzahl (ein paar Dutzend) würdiger Leute aus, die singen und tanzen konnten und so ging man gemeinsam zur Kirche zur Zeremonie der Taufe des Kindes.
In ganz alten Zeiten gingen die Eltern des Täuflings nicht zu Heiligenstette, später änderten sich die Bräuche und nur die Mutter ging nicht, heute gehen alle.
Nach der Zeremonie trug man das Kind nach hause, dort folgte dann das große Fest mit Rizitika wie z.B. folgendem:

<<Σαν εβαφτίστην το παιδί να πούμε να τραγούδι.

Να το χαρού οι γονέοι ντου και να το μεγαλώσου

Και να το μπέψου στο σκολειό γράμματα να του μάθου.

Να το χαρεί και ο νονός και να το στεφανώσει

Να του βαφτίσει και παιδί - Να του βαφτίσει και παιδί>>.

freie Übersetzung!!!!
"dem getauften Kind dem singen wir ein Lied
das es die Eltern erfreut und sie es erziehen
das sie es zur Schule begleiten und es was lernt
das es auch den Sindekno erfreut und das er es vermählt
das auch ihm ein Kind getauft wird!-das auch Ihm ein Kind getauft wird!"

Aber es gab auch Mantinades, Tanz, Wein im Überfluß und üppiges Essen. Die Feier dauerte über einen Tag hinaus, mit den Eltern und Verwanten wurden die Sindekni zu Tisch geladen.
Bei der Verabschiedung schenkte man dem Sindekno ein besticktes Tuch (siehe Bild von meiner eigenen Taufe) und ein "Sack" voll Fleisch.

Die Sindekni untereinander hatten gegenseitigen Respekt, hierzu eine kleine Geschicht....es war einmal ein Viehzüchter, der einen Sindeknos besuchen wollte, nach einem zweitägigen Fußmarsch erfuhr er, daß sein Sindeknos nicht anwesend war....seine Sindeknissa bot ihm Essen und Wein an, aber er überschritt nicht die Türschwelle, verabschiedete sich und ging.....

Η ΒΑΠΤΙΣΗ / DIE TAUFE (http://www.e-sfakia.gr/index.php?option=com_content&task=view&id=172&Itemid=82)


Fortsetzung folgt......es kommt noch....
# Hochzeit
# die Frau in der Sfakia
# Gerechtigkeit
# Gastfreundschaft
#Tod

Bettina
28.January.2009, 19:14
Ich kann nicht so richtig den Zusammenhang erkennen mit der Sfakia:schild11:


...es sind Sitten und Bräuche der Sfakia...und wohl auch anderer Orts....aber so war es eben früher hier in der Sfakia....


@ Kashi...es sind viele Wörter mit dem Dialekt u.a. der Sfakia dabei....

robinson
28.January.2009, 19:19
Vieleicht war ja die Sfakia der Ausgangspunkt von dem aus sich dann so manches weiter verbreitet hat.

Interessant, mach ruhig weiter.
(Und merk dir alles für`s Vierte:nuts::icon_lol:)

Reinikis
28.January.2009, 22:42
Guten Abend Bettina,
erst mal die Frage nach der Gesundheit Deines Sohnes Kostas, ist er wieder gesund und munter? Hoffentlich!
Dann wieder einmal gratulation zu diesen Berichten. Das ist, wie man bei uns sagt, der Wahnsinn. Wenn ich sehe das von der was gekommen ist, klicke ich zu erst drauf. Da hat man das Gefühl man ist mittendrin drin statt nur dabei.
Mein Sohn Lukas (bald 9 Jahre) fragt mich auch schon des öfteren ob die Bettina auch wieder was geschrieben hat, was wir wissen sollten und müssen. Außerdem müssen wir unbedingt im August nach Chora Sfakion den er will mit Deinen Jungs leere Patronen sammeln und eine Ziegenglocke finden.
So die Worte von Lukas. Du mußt wissen er ist ein leidenschaftlicher Sammler und kann alles brauchen was er so findet.
Noch einen schönen Abend

Bettina
29.January.2009, 11:24
Ο ΓΑΜΟΣ / DIE HOCHZEIT

Bis zum Beginn des 20 Jahrhunderts, mußten die Eltern und engen Verwanten die Braut für den "Jüngling" der Familie finden.
Die Liebe war verurteilt, einem Mädchen konnte es sogar das Leben kosten sich zu verlieben.
Die angesehnsten Mitglieder der Familie wurden geschickt um mit dem Vater der auserwählten Braut zu sprechen, dem sog. "Proxenio" (Ehevermittlung). Wenn der Vater der Auserwählten nicht zustimmte, erfand er eine freundliche Ausrede und somit gab es keine Probleme, stimmte er zu, gab es kein zurück mehr und wenn dann nur mit Blut.
In vielen Fällen kannte die Braut den Bräutigam gar nicht. Bis zum 19Jhd. lag das Durchschnittsalter für eine Hochzeit bei dem Mädchen bei 16 Jahren und dem Mann bei 30 bis 45 Jahren.
Mindestens 8 Tage vor der Trauung mußten die Gäste geladen werden..
Am Samstagabend vor der Hochzeit, kamen die Gäste mit Gaben dem (Kaniskia) einem Bock, Schaf oder Wein in die Häuser der "Simbetheri" (Simbetheros ist der Schwiegervater der Braut bzw des Bräutigams) und es begann der Schmaus mit Gesang , Rizitika später dann Lira und Tanz...bis zum Morgen. Beim Tanz tanzten die ersten beiden des Kreises nur, die übrigen warteten bis sie an der Reihe waren. Frauen und Männer tanzten gemeinsam, aber mit Zurückhaltung.
Am Sonntagmorgen ging man in die Kirche, danach wieder nach hause zum Essen.
Mit der Fahne und bewaffnet ging es dann singend zum Haus der Braut. Sie nahmen die Braut und gingen so alle zusammen in die Kirche. Es folgte die Zeremonie der Trauung, danach wurde das Brautpaar von jedem einzelenen beglüchwünscht. Zuerst die engen Anverwanten, dann die Trauzeugen dann die Anderen und gaben ihre "Geschenke" ab, sofern sie das nicht schon am Vorabend als Kaniskia taten.
Wenn die Gesellschaft am Haus des Bräutigams angekommen ist, wird die Braut zur "Melokarida" (leider weiß ich n i c h t was das bedeutet!!) dann wurde mit einem Messer ein Kreuz auf die Haustür geschnitzt.
Die Feier ging unaufhörlich weiter (ab und zu wurden ein paar Gäste zur Seite genommen, damit sie sich 2 Stündchen ausruhen konnten ) Bis Mittwoch wurde gefeiert, bis die Braut mit ihrem Tablett umhergeht und einen Raki ausgibt, ein Zeichen, daß die Feier beendet ist. Die Angehörigen des Bräutigams verteilten nun an jeden je ein Hochzeitsbrot und an den Trauzeugen zwei und alle verließen die Feier und gingen nach hause......


Ο ΓΑΜΟΣ / DIE HOCHZEIT (http://www.e-sfakia.gr/index.php?option=com_content&task=view&id=169&Itemid=82)

hier noch ein Rizitiko zur Hochzeit...(Übersetzung folgt aber leider erst später)
ΡΙΖΙΤΙΚΟ

«Παιδιά, κι ειντά ‘ν’ οι μπαλοτές στσί Σφακιανές Μαδάρες,

Παιδιά, λαγό ζυγώνουνε γή αγρίμι κυνηγούνε,

Μουδέ λαγό ζυγώνουνε γή αγρίμι κυνηγούνε,

μόν’ κάνουν γάμο στά Σελλιά καί καί περιξεφαντώνουν».


Fortsetzung folgt...

Bettina
29.January.2009, 15:27
Ο ΘΑΝΑΤΟΣ/ der tod

Wenn in der Sfakia jemand jüngeres verstorben war, schnitten sich die Männer der engeren Verwantschaft für einen längeren Zeitraum weder die Haare noch den Bart und trugen schwarze Kleidung.
Der Vater des Verstorbenen rasierte sich bis an sein Lebensende nicht mehr.
Im Haus des Verstorbenen wurde (wenn er noch jung war) alles schwarz gefärbt: Sofabezüge, Tischdecken, Bettdecken.....
Die Mutter und Frauen des nahen familiären Umfeldes klagten um des Verstorbenen. Frauen die zu Wittwen wurden, färbten sich sogar die Unterwäsche schwarz.
Wenn der Verstorbene eine besondere Persönlichkeit war oder in der Gemeinde sehr angesehen, weitete sich der "Penthos" also die Trauer auch auf die ganze Gemeinde aus. Es gab dann für ein Jahr weder Feiern, Feste noch andere freudige Veranstaltungen.

Früher hatten sie keine Särge. Die Kirche hatte einen sog. "kadeleto" eine Bahre und mit dieser wurde der Verstorbene zur Grabstette gebracht und eingewickelt in ein Tuch begraben. Später gab es dann in jedem Dorf einen Sarg, einen "gemeinsamen" Sarg, für all die, die kein Geld hatten sich einen zu kaufen.
Die Kleider des Verstorbenen wurden an arme Familien gegeben, in fremden Dörfern, damit der Anblick nicht wieder schmerzt.


Ο ΘΑΝΑΤΟΣ/ der tod (http://www.e-sfakia.gr/index.php?option=com_content&task=view&id=173&Itemid=82)

Kretamum
29.January.2009, 15:43
Bettina, so viel Übersetzungsarbeit - Du bist echt ein Schatz :Knuddel:

Ich warte schon auf "Die Frau in der Sfakia" ....

Caro
29.January.2009, 15:44
Hi Bettina,

ich habe da eine Theorie:

"Melokarida" ist eine griechische Hochzeitsgabe, die es traditionell in einigen Doerfern Griechenlands gab. Setzt sich zusammen aus den Worten μέλη & καρύδι (Honig & Walnuss) und wurde wohl frueher den Frischvermaehlten zu essen gegeben, weil es Zeichen fuer Wohlstand, Fruchtbarkeit etc. war.

Ich werde mal im Internet schauen, ob ich was dazu finde.

Gruss,
Caro

Bettina
29.January.2009, 15:50
Hi Bettina,

ich habe da eine Theorie:

"Melokarida" ist eine griechische Hochzeitsgabe, die es traditionell in einigen Doerfern Griechenlands gab. Setzt sich zusammen aus den Worten μέλη & καρύδι (Honig & Walnuss) und wurde wohl frueher den Frischvermaehlten zu essen gegeben, weil es Zeichen fuer Wohlstand, Fruchtbarkeit etc. war.

Ich werde mal im Internet schauen, ob ich was dazu finde.

Gruss,
Caro

Hallo Caro,

au klasse....ich habe es wohl schon einmal gehört....aber kann eigentlich nichts damit anfangen...

Sag mal, weißt Du vielleicht etwas mehr über den Brauch, wenn vor der Hochzeit Frauen und Mädchen das Ehebett beziehen???? Da gibt es doch auch ganz bestimmte Sachen....ich weiß noch vor ein paar Jahren, als hier eine Nachbarin heiratete wollten sie das mein kleiner Jannis, damals noch ein Baby dort hingebracht wird....er sollte aufs Bett "geworfen" werden....auch wohl als Symbol der Fruchtbarkeit.......

Kretamum
29.January.2009, 15:56
http://kretaforum.eu/showthread.php?t=89&highlight=Hochzeit+Bett

Da hatten wir schon einmal etwas, lang-lang ist's her :)

Bettina
29.January.2009, 16:13
http://kretaforum.eu/showthread.php?t=89&highlight=Hochzeit+Bett

Da hatten wir schon einmal etwas, lang-lang ist's her :)

Danke zurück Reinhilde :Knuddel:

ja, es gibt wohl immer wieder Wiederholungen....aber all diese Themen sind so unwahrscheinlich schön (bei mir kommt da immer noch diese "Gänsehautgeschichte :icon_lol:) und ich denke auch wichtig, wichtig für alle, die Kreta und die Kreter wirklich kennenlernen wollen, fernab von Hotels Strand Taverne Landschaft....die einzelnen Traditionen und Bräuche, ich wiederhole und wiederhole mich das ist sooo prägend so schön.

Mit sicherheit haben alle Orte der Welt ihre Traditionen....aber unsere "Welt" ist....Kreta......

Bettina
29.January.2009, 16:34
ΦΙΛΟΞΕΝΙΑ / gastfreundschaft

In den früheren Zeiten gab es nicht die heutigen Möglichkeiten der öffentlichen Verkehrsmittel, die Menschen haben tagelange Reisen auf sich genommen um an ihr Ziel zu kommen.
Wenn ein Fremder in einen Ort der Sfakia gelangte war es die Pflicht der Ortsansässigen in als Gast willkommen zu heißen, ihm etwas Essen zugeben und gegebenfalls ein Bett zur Verfügung zu stellen.
Wenn der Fremde am Tisch zum Essen saß, stand die Frau des Hauses daneben, falls er noch etwas benötigte. Der Fremde aß in Gesellschaft des Hausherren, während alle Frauen getrennt saßen, es sei denn der "Gast" war ein Verwanter, dann saßen alle beisammen.
Den Passierenden hatte immer eine "lobenswerte" Familie zu Gast und es war immer eine Ehre.
Wenn ein Dorfbewohner zum Kafenion ging und auf einen Fremden traf, fragte er ihn, ob er einen Bekannten oder Verwanten im Dorf hat, wenn nicht, war es seine Pflicht in aufzunehmen.
Zu damaligen Zeiten galt ein Geschenk seitens des Gastes als eine Beleidigung.

ΦΙΛΟΞΕΝΙΑ / gastfreundschaft (http://www.e-sfakia.gr/index.php?option=com_content&task=view&id=138&Itemid=82)


Fortsetzung folgt....(Reinhilde als nächstes kommt " die Frau in der Sfakia" :nuts:)

Bettina
29.January.2009, 18:13
Η ΓΥΝΑΙΚΑ ΣΤΑ ΣΦΑΚΙΑ / Die Frau in der Sfakia

Heute hat die Frau in der Sfakia gleiche Rechte wie der Mann ( Bettina sagt :smiley8::laugh:).
Früher aber war die Stellung der Frau in der Gesellschaft ganz anders, um genau zu sein, vor der Heirat hatte eine Tochter nicht das Recht ihre Meinung zu äußern. Sogar über die Heirat entschied der Vater oder die Verwanten, die für ihr Wohl sorgten, und mußte diese Entscheidungen akzeptieren. Eine Tochter hatte kein Anrecht auf das väterliche Vermögen wenn es auch Söhne gab, indessen bekam sie vom mütterlichen Vermögen gleiche Anteile wie die Söhne, in anderen Fällen bekam sie einen kleinen Anteil der gesammten "Kseprouki"??? und hatte keinen weiteren Anspruch zu stellen.
Wenn jemand vom verwantschaftlichen Umfeld eine Frau begleitete, sorgte er für ihr Ansehen.
Kein Familienoberaupt ließ seine Frau oder andere weibl. Familienmitglieder zu den Schafsherden gehen, graben oder Holz hohlen.
In der Sfakia war es die Regel, daß man die Frau nach hause reiten sah und der Mann folgte zu fuß ( hhm :smiley8: darum wollen heuer die Mannsen kein Schritt mehr laufen...)
Was die Beleidigung einer Frau betrifft, sie wurde für gewöhnlich mit Blut gerächt, außerdem sagte man den Jüngeren " es gehört sich nicht für einen Mann, eine Frau zu beneiden".
Die Sfakiotissa durfte sich nicht ihren Gefühlen und "fleischlichen Gelüsten" hingeben.
Die Frauen nahmen nicht an Kämpfen teil, nur wenn es aber einen Mangel an Männern gab waren sie dann auch anwesend.
N. Angelis erwähnt zur Schlacht von 1770 " Während des Kampfes nahmen auch Frauen die "Feuertaufe" auf sich, 5/6 die abhauten und ließen für Jahre das Gewehr nicht aus der Hand, bestiegen die Berge und kämpften wie Männer"
Wir schreiben das Jahr 1774 vier Jahre sind nach der Katastrophe der Provinz vergangen als die "Anführer" beschlossen den "Tourkoenetou"?? Aga Alidaki zu jagen, der seinen Sitz in Embrosneros hatte. Agas hatte ihnen die Land-und Weideflächen verengt und schüchterte sie ein in die Sfakia zu kommen, dieser Kampf sollte dann mit den Frauen verlaufen und diese bestanden auch darauf.
(hier folgt ein Gedicht, das sehr schwer zu übersetzen ist...folgt evtl später mal)

Generell war die Geburt eines Mädchens in den vergangenen Jahrhunderten nicht sehr erwünscht, was damít begründet wurde, daß die "Kraft" jeder Familie an den Männern gezählt wurde.

Η ΓΥΝΑΙΚΑ ΣΤΑ ΣΦΑΚΙΑ / Die Frau in der Sfakia (http://www.e-sfakia.gr/index.php?option=com_content&task=view&id=166&Itemid=82)

Fortsetzung folgt...........

mia
29.January.2009, 21:08
Sehr interessant Bettina :)
Danke vielmals, dass du dir die Mühe gemacht hast!!

Reinikis
29.January.2009, 22:10
Hallo Bettina,
vielen dank für Deine PN, Lukas wird sich riesig freuen wenn ich ihm morgen davon erzähle. Ich freue (wie wahrscheinlich alle Kretafans) mich ganz besonders über Deine "Sfakiakunde".So ein Fach hätten wir mal in der Schule haben sollen. Respekt vor Deiner Arbeit, sag mal, wann machst Du denn das alles? Hat bei Euch jetzt im Winter der Tag 36 Stunden? Mach bitte weiter so, denn so können wir lernen die Kreter noch besser zu verstehen und sie zu respektieren.
Einen schönen Abend

nimmi
30.January.2009, 02:31
Hallo Bettina,

Toll diese Einsichte zu bekommen, auch wann manche Brauche heuer vielleicht nur noch ein Schatten sind von damals - gut oder nicht gut.

Auffällig, wie beim Thema Heirat die Walnuß eine Rolle spielt, das ist ja in viele unterscheidliche Gebrauche weitverbreitet in Europa (wenigstens). In Holland z.B. konnte damals kein Bauernhof gebaut werden ohne auch einem Walnußbaum an zu pflanzen, dieser sollte Fliege und Mücke weghalten und schützen (gegen Gewitter?), und noch mehr was schlechter zu beweisen war.

Lange her habe ich mal gehört daß es in Griechenland ein Matriarchat geben soll. Deine Geschichte 'Frauen in Sfakia' erzählt aber das Gegenteil. Ich nehme eigentlich an daß es zu diese Frage viele Aspekte gibt. Erstens stelle ich mal fest daß die meiste Griechische/Kretische Männer fremde Frauen gegenüber sich bei weit besser benehmen als in viele andere Länder. Irgendwie kann ich mir auch vorstellen daß in ein landschaftliches Dorf, tagsüber wann die Männer lange auf's Meer oder auf's Land waren, die Frauen (unter einander) schon viel abstimmten. Mir wäre es interessant, auch darüber mehr zu wissen oder diskutieren, aber dann nicht in diesem schönen Thread, den ich (wie muß ich das nun sagen) am liebsten im Blender werfe und noch zweimal mit einem Halm aufsauge.

Vielen Dank,
Nimmi

Wolfgang
30.January.2009, 03:02
Teile und Reste dieser Bräuche und Tabus sind noch recht lebendig in Sfakia.
Mit Bettinas Berichten sind mir auch noch einige Lichter aufgegangen.


Bettina,
wenn Du nichts mehr zu schreiben wissen solltest (:laugh::laugh:), könntest Du vielleicht noch über lebendigen Aberglauben referieren. :biggthump

Vermutlich sind in GR die Schweine nicht, wie bei uns, Glückssymbole.
Falls das stimmt, könnte man diesbezüglich z.B. in größere Fettnäpfe treten.
Welches aber sind wirksame Glückssymbole?

Bringen schwarze Katzen Unglück?

Welche Sprüche oder Aktionen sollte man unterlassen?

Stimmt es z.B., daß ein Mann, wenn ihm im neuen Jahr als Erste eine alte Frau begegnet, sich ganz schnell an seinem Allerwichtigsten festhalten muß, weil er sonst in gewisser Hinsicht sehr erfolglos wird?

nimmi
30.January.2009, 03:26
Wolfgang,

Ein neuen Unterthread wie 'DO'S and DON'T's auf Kreta' könnte schön sein, wann mehere leute sich interessieren. Unter 'Info's' z.B. ??

Grüße,
Nimmi

Sabinara
30.January.2009, 08:03
Bettina, mou


danke für deine Arbeit und die interessanten "Wurzeln" der sfakiotischen Geschichte.
Das Baby, welches bei einem Hochzeitspaar auf das künftige Ehebett "geworfen" wurde, soll wohl reiche Fruchtbarkeit vorhersagen, habe es bei meiner Freundin anläßlich der Hochzeit auch erlebt in den 90igern.

Einen schönen Freitag

lG
Sabinara

Kretamum
30.January.2009, 11:16
Sabinara, in erster Linie soll durch das Werfen der Kinder auf das Brautbett das Geschlecht des ersten Kindes bestimmt werden :)
Bei dem jungen Paar, bei dem ich zuletzt beim "Strossimo" dabei war, hat's allerdings nicht so ganz funktioniert ... :biggthump

Bettina, wenn ich mir jetzt die Stellung der "Frau in der Sfakia" so überlege, wird es wohl auch dort so sein wie sonst auch auf Kreta. Nach außen hin sind die Männer die großen Chefs, aber daheim führt schon die Frau das Regiment, oftmals sogar ein strenges. Oder irre ich mich da :)

Bettina
30.January.2009, 11:33
Bettina, wenn ich mir jetzt die Stellung der "Frau in der Sfakia" so überlege, wird es wohl auch dort so sein wie sonst auch auf Kreta. Nach außen hin sind die Männer die großen Chefs, aber daheim führt schon die Frau das Regiment, oftmals sogar ein strenges. Oder irre ich mich da :)

Reinhilde, gaaanz genau.....und ich denke das war schon immer so...dabei rede ich von Situationen ohne Gäste, also die Familie unter sich.....und noch was, im Text wird ja auch zu Beginn erwähnt, daß das Mädchen die unverheiratet Tochter also so ganz und gar keine Rechte hat.....mit der Hochzeit nahm die Stellung der Frau in der Familie wohl eine "gewaltige" Veränderung an.....

robinson
30.January.2009, 16:36
Nach außen hin sind die Männer die großen Chefs, aber daheim führt schon die Frau das Regiment, oftmals sogar ein strenges. Oder irre ich mich da

Ist in Marzahn auch so!:laugh:

Super Arbeit Bettina!:jo:

Henry
30.January.2009, 18:42
Ich lese auch Deine Beschreibungen des kretischen Lebens, Bettina. Man erfährt immer noch etwas, was einem überhaupt nicht bekannt gewesen ist. :)

Ευχαριστώ πολύ!

Henry

Wolfgang
31.January.2009, 00:15
.....mit der Hochzeit nahm die Stellung der Frau in der Familie wohl eine "gewaltige" Veränderung an.....

Und nicht zu vergessen: Die weibliche Stimme!
Mit dem Termin der Hochzeit bekam sie oft eine neue Komponente: Die war sehr kräftig und sehr schrill.

Unklar ist, ob es sich um eine durch den Bedeutungswandel der weiblichen Person ausgelöste Mutation handelte, ob eine Modifikation der Erbanlagen erfolgte oder ob diese wichtige Fähigkeit von Geburt an vorhanden war und nur aus taktischen Gründen vor der Hochzeit nicht eingesetzt wurde.

Der (gegebenenfalls) volle Einsatz bei häuslichen Auseinandersetzungen konnte verheerende Wirkungen haben:
Fensterscheiben, Vasen und Gläser zersprangen, das beklagenswerte männliche Gegenüber wurde paralysiert.
(Aus Expertenkreisen verlautete, daß nur ein geringer Teil der Risse in Gebäuden auf die Erdbeben zurückzuführen war).
Der drohenden Niederlage konnte der Palikari nur entkommen durch eine sehr rasche, entschiedene Reaktion - geordneter Rückzug, sofortiges Aufsuchen des Schutzraumes "Kafeneion" (exterritoriales Gebiet!)
- da war er dann auch wieder Held.
:grin::grin::grin:


Anmerkung:
Die Dinge haben sich inzwischen natürlich sehr geändert.
Beschrieben sind die guten alten Zeiten.

Bettina
31.January.2009, 11:45
Und nicht zu vergessen: Die weibliche Stimme!
Mit dem Termin der Hochzeit bekam sie oft eine neue Komponente: Die war sehr kräftig und sehr schrill.

Unklar ist, ob es sich um eine durch den Bedeutungswandel der weiblichen Person ausgelöste Mutation handelte, ob eine Modifikation der Erbanlagen erfolgte oder ob diese wichtige Fähigkeit von Geburt an vorhanden war und nur aus taktischen Gründen vor der Hochzeit nicht eingesetzt wurde.

Der (gegebenenfalls) volle Einsatz bei häuslichen Auseinandersetzungen konnte verheerende Wirkungen haben:
Fensterscheiben, Vasen und Gläser zersprangen, das beklagenswerte männliche Gegenüber wurde paralysiert.
(Aus Expertenkreisen verlautete, daß nur ein geringer Teil der Risse in Gebäuden auf die Erdbeben zurückzuführen war).
Der drohenden Niederlage konnte der Palikari nur entkommen durch eine sehr rasche, entschiedene Reaktion - geordneter Rückzug, sofortiges Aufsuchen des Schutzraumes "Kafeneion" (exterritoriales Gebiet!)
- da war er dann auch wieder Held.
:grin::grin::grin:


Anmerkung:
Die Dinge haben sich inzwischen natürlich sehr geändert.
Beschrieben sind die guten alten Zeiten.

:laugh::laugh::laugh:

Hallo Wolfgang,

komm jetzt aber nicht an und verlange, daß die Haftpflichtversicherung einer Deiner Nachbarinnen (ob näher oder weiter weg :grin:) für evtl. zersprungene Fensterscheiben aufkommt....:laugh::laugh: ......und siehste mal, wie wichtig verheiratete Frauen für den Erhalt der "Kafenion sind...:laugh::laugh:

Liebe Grüße an Dich und Ursel

Henry
31.January.2009, 12:55
Hallo Wolfgang,

das, was Du in Deinem Beitrag uns zu erklären versucht, ist wohl - mehr oder minder - in ähnlicher Form nahezu auf der ganzen Welt zu finden.

Jedoch muss ein Mann, der so etwas schreiben kann, dem anderen Geschlecht schon in Liebe und Verehrung zugeneigt sein. :ANGEL: :)

Henry

schmetterling
31.January.2009, 15:25
Liebe Bettina,

:clap::clap:

super tolle Beiträge.

Es bringt einem aus der Ferne Kreta wieder ein Stück näher.

Und es ist auch schön zu lesen wie die Sitten und Gebräuche waren/sind.

Kann immer wieder nur sagen; mach weiter so mit deinen tollen Beiträgen.

Dicke :Knuddel:

Bettina
31.January.2009, 15:44
ΔΙΚΑΙΟΣΥΝΗ / Gerechtigkeit-Justiz

Die Justiz übten einer Seits die "Herrscher" des Dorfes, anderen Seits das Gewissen des jeden Einzelnen aus.

Einige der niedergeschriebenen Gesetze....(es war mir aber leider zu schwer diese richtig zu übersetzten, daher in 1, 2 Worte zusammengefaßt)...es geht um die Erbrechte und wie wir weiter oben schon gelesen haben, es ist in erster Linie der Sohn, bzw die Söhne, die als Erben eintreten....außerdem war es aber ein Gesetz, daß eine Frau die verwittmet wurde, im Haus des verstorbenen Mannes blieb und von seinem Vermögen einen Unterhaltsanteil bekam......

Der Mangel an klaren Regeln und Gesetzen artete sehr oft in eine Selbstjustiz, Schlägereien und Mord aus. Und das führte stets zur Vendetta zwischen zwei Familien. Die "Verletzte" / " Gekränkte" Familie tötete dann den, dem Mörder am nächsten stehenden Verwanten.
Leider war es auch Tradition, daß versucht wurde, den fähigsten der anderen Familie zu töten und so verlor die Region das Land fähige Menschen, die es so nötig hatte.
In vielen Fällen verließ die Familie des Mörders (der, der zuerst Mordete) oder die Familie die es am sinnvollsten hielt, das Dorf....(Oft für Jahre und Jahrzehnte...oder kehrten nie zurück.)

Der übergroße Egoismus war der Grund der Vendettas, wie hier diese Geschichte als ein Beispiel.....Einmal, an einem Feiertag der 12 Apostel in Chora Sfakion und die Männer mit Trachten, Uniformen und Pistolen ausgerüstet waren, setzte sich ein Vogel auf die Kirchenglocken....einer der Männer zückte seine Waffe und wollte den Vogel erschießen...da rief ein Zweiter, warte ich möchte ihn erschießen und zückte die Waffe....indessen wurde der Vogel von einem Dritten erschossen.....Beleidigung auf Beleidigung, sieben Menschen zweier Familien verloren an diesem Tag im Garten der Kirche ihr Leben...

Rizitiko zur Vendetta (verfaßt wurde die "Nachricht Sfakias von einer alten Frau)

<< Να το κατέτε, Σφακιανοί , ούλοι , μικροί μεγάλοι,
ο νιός απού σκοτώθηκε ήταν εμένα γιός μου.
τα τρίμερα περάσανε , τα νιάημερα εφτάξα,
μα τα σαράντα δεν περνού , το Χάρο σάσε μπέμπω,
λογαριασμό να δώσετε για το κορμί του γιού μου>>.

# Damit ihr es wißt Sfakiani, alle, alt und jung
Der Junge der ermordet wurde, war mein Sohn.
Die 3 Tagestrauer ist vorbei, und komme nun zu den Neunen
Aber die 40 Tage erreich ich nicht , den Tod den werd ich euch schicken.
Rechnung werdet ihr begleichen, für den Körper meines Sohnes#

Es war immer ein Seegen für ein Dorf, wenn sich unter den Dörflern ein lobenswerter fähiger Mann befand, der es verstand zwischen den beiden Familien zu vermitteln und das Greuel zu vermeiden......
Meistens wurde das Ende einer Vendetta mit einer Hochzeit zwischen den beiden Familien besiegelt.



Zu der Geschichte mit der Vendetta bei den 12 Aposteln möchte ich bei der Gelegenheit etwas mehr drauf eingehen....
Kosta hat mir erzählt, da seither diese Kirche nicht mehr Liturgise....also es fand dort seither werder Gottesdienst noch Feier statt....
Die Kirche wurde von den Einwohnern Patsianos dort erbaut....als man beschloss, daß alle Gemeinden eine Kirche in der "Gemeindehauptstadt" Chora Sfakion erbauen, waren die Patsiananer anfangs nicht dabei, als sie dann aber all die schönen Kirchen der anderen sahen, beschlossen sie eine noch größere und noch schönere Kirche zu erbauen....und so entstand die Kirche der 12 Apostel...sie war für alle gleich zu sehen, für alle aus dem Osten Anreisenden und auch vom Meer, hoch oben auf dem Berg im Gebiet Tholos......leider steht die Kirche kurz vor dem Zusammenbruch aber aus verschiedenen Gründen (sie gehört nicht mehr zur Gemeinde Sfakia so wie ich das verstanden habe) kommt dies leider nicht zustande....die verantwortlichen geben kein Geld zu Verfügung.
Giorgos Dalidakis hat das alles in seinem schönen Buch "Αναζητώντας τις εκατό εκκλησιές της Χώρας Σφακίων" "Auf der Suche der 100 Kirchen Chora Sfakions " stehen.....das Buch gibt es auf griechisch im Internet zum herunterladen.....das Buch gibt oder soll es auch in englischer Fassung geben......hier der Link zum Buch (http://www.dalidakis.snofallsiberians.com/page3.html)

Kosta hat mir gerade erzählt, als Kinder waren sie viel bei ihren Großeltern, die oben auf dem Tholos wohnen....sie spielten ständig in dieser Gegend....in andere Kirchen ginge sie oft rein, aber um die 12 Apostel machten sie immer einen großen Bogen...irgendwas war ihnen nie geheuer......er findet es extrem schade daß diese Kirche so vor sich hin altert und evtl. bald zusammenbricht....es ist die einzige derartige Kirche hier in der Umgebung.....

Kretagegge
31.January.2009, 18:30
Hallo Bettina,

ich studiere solch interessante Beiträge bis aufs i-tüpfelchen. :Knuddel:

Gruß Kretagegge

Bettina
31.January.2009, 23:59
Σφακιά 1770 / Sfakia 1770

Aufstand Daskalogiannis

Die Bevölkerungszahl über Jahrhunderte hinweg wie heute auch betrag an die 2500 Seelen, vor der Zeit der Türken waren es 11.000 diese Zahlen alleine zeigen das Ausmaß des Unheils.
Die Sfakia ist ein großer Felsen, aber genau dieser Felsen wird die Bedingungen für die Freiheit bilden.
1770 lebten die Sfakioten in Wohlstand die mit ihrem Handel Reichtum in die Provinz brachten, unter diesen Sfakioten befand sich ein Schiffseigner, Jannis Vlachos oder auch Daskalogiannis, so wurde erAufgrund seiner Lehrtätigkeiten in der Sfakia genannt (Daskalos- Lehrer). Er hatte 4 Schiffe und sein Handel ging bis nach Rußland.
Daskalogiannis war sicherlich einer der Obersten, er kannte Emmanuel Benaki aus Mani und wahrscheinlich auch die Gebrüder Orlow, die von Katherina der 2., 1796 von Rußland auf den Peleponnes geschickt wurden um mit den Maniern den Aufstand gegen das Osmanische Reich zugewinnen, ihre eigene Pläne natürlich unterstützend.
Daskalogiannis wurde von der Glaubwürdigkeit der Russen, was den Handel betrifft überzeugt.
Im April 1770 tritten die Sfakioten mit 2000 Mann und gut vorbereitet gegen die Osmanier an. Der erste Aufstand begann.
Die Türken mit einem Heer von 15.000 Mann waren gezwungen die Aufständigen in die Sfakia zurückzudrängen, wegen der unglaublich großen Gefahr schickten viele Sfakioten Frauen und Kinder von Loutro aus nach Kithira und auf den Peleponnes.
Der Sommer und Herbst verging mit Kämpfen bei denen die Türken gefesselte Christen vor sich hatten um von den Angreifern nicht erschossen zu werden.
Mit einer Verstärkung eröffneten sie ein zweites Schlachtfeld in Kallikratis. Daskalogiannis wurde gezwungen sein Heer zu teilen und sendete Stratos Vourvachi und Deligiannaki aus um diese ausfindig zu machen. Die Kämpfe wurden nun mehr mit 1 Sfakioten gegen 15 Türken durchgeführt. Die zwei Schlachtfelder Krapi und Kallikratis wurden zu einem, in Imbros vereinigt, wo der Anführer Manousakas dafür sorgte, daß 800 Männer der Eroberer ihr Leben ließen. Nach der Schlacht wurden noch weitere Schlachten geführt, aber nur zum Zweck Zeit zu gewinnen um noch mehr Frauen und Kinder über Loutro wegzubringen. Aber die Zeit verstrich auf Kosten der Sfakioten, Verstärkung gab es nicht, die Russen kamen nicht die strapazierten Kämpfer zogen sich Schritt für Schritt in die Berge zurück. Ihre Dörfer waren den Bestialitäten der Janitschaner ausgeliefert, die Männer wurden von Tag zu Tag weniger, einer der Anführer, ein Cousin von Daskalogiannis Stratos Vourwachis fiel im Kampf um Anopolis, mit ihm 30 "Palikaria" (Tapfere), weitere Frauen und Kinder wurden in der Samaria Schlucht in Sicherheit gebracht, die Frau Vourwachis und die 3 Töchter wurden gefangen genommen.
Unter diesen Umständen beschloß Daskalogiannis, gegen die Meinung Manousakas und Hourdou, sich zu ergeben um zu retten was an lebendigen Seelen noch zu retten war.

Der Pascha von Chandraka (Heraklion) nachdem er von der Sfakia unter belastenden Bedingungen abließ, ordete am 17.Juni 1771 an, Daskalogiannis auf dem Platz von Heraklion, der heute seinen Namen trägt, bei lebendigem Leib zu häuten, außerdem zwang er Daskalogiannis Bruder dies mit eigenen Augen anzusehen, der seitdem auch verrückt war.
Das Ergebnis des Aufstandes von Daskalogiannis war gut, wohl wurde die Sfakia weitgehenst vernichtet, wohl ließen viele ihr Leben aber das was er erreichen wollte, das die "Sklaven des Landes" aufwachten wurde erreicht. Wenn nicht diesmal so beim nächsten Aufstand von 1821. Die "Sklaven des Landes" sollten es als eine Schande sehen, wieder die Sfakioten bei einem erneuten Aufstand alleine zu lassen.
Der Historiker I. Mourelos schrieb in dem Buch "Die Geschichte Kretas"
#Wir die anderen schulden den Sfakioten unseren Dank, daß sie sich so oft für die anderen aufopferten. Denn wir dürfen nie vergessen, das die bis 1770 zufriedenen und fast freien Sfakioten ihre Zufriedenheit aufopferten für die Freiheit der übrigen Kreter#

Der Preis dafür, alleine ohne fremde Hilfe als alleinige Provinz gegen den Sultan zu kämpfen war wie folgt.....

3500 starben im Kampf
1500 starben durch Mishandlungen
2000 verzogen innerhalb und außerhalb Griechenlands

4000 verblieben am Leben in den Ruinen der Provinz, diejenigen, die die Helden von 1821 hervorbrachten.

Der Aufstand Daskalogianni (http://www.e-sfakia.gr/index.php?option=com_content&task=view&id=52&Itemid=37)

Wolfgang
1.February.2009, 04:19
Zur Vendetta-Geschichte der 12-Apostel-Kirche ist hier ist eine weitere Version:
http://stigmes.gr/br/brpages/articles/vendetta.htm

Die Kirche ist hier (http://www.wkistler.de/more4/gall_f8.html)


Zum Buch der "100" Kirchen (Es waren aber wohl nur um die 40) von Georgios Dalidakis gibt es in Englisch nur diese Kurzfassung:
http://www.sfakia-crete.com/sfakia-crete/100churches.html

robinson
1.February.2009, 10:10
In vielen Fällen verließ die Familie des Mörders (der, der zuerst Mordete) oder die Familie die es am sinnvollsten hielt, das Dorf....(Oft für Jahre und Jahrzehnte...oder kehrten nie zurück.)

Irgendwie so muss es sich auch in dem heute verlassenem Dorf am Eingang der Aradenaschlucht zugetragen haben. Ich glaube es ging anfangs nur um eine geklaute Ziegenglocke.
Vieleicht weißt du ja auch mehr darüber.

Sabinara
1.February.2009, 12:18
Irgendwie so muss es sich auch in dem heute verlassenem Dorf am Eingang der Aradenaschlucht zugetragen haben. Ich glaube es ging anfangs nur um eine geklaute Ziegenglocke.
Vieleicht weißt du ja auch mehr darüber.



Auslöser der Vendetta war ein Dummer-Jungen-Streich gewesen:

Ein Knabe hatte einer Ziege, die einer anderen Dorfsippe gehörte, die Glocke abgenommen. Kurz darauf brachen einige bewaffnete Familienmitglieder zur Sippe des Jungen auf. Dort kam es zu einem Streit, der so weit ausartete, daß man sich gegenseitig umbrachte. Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, zogen beide Sippen aus dem Dorf weg.



Besten Gruß
Sabinara

Frank Joachim
1.February.2009, 17:21
Bettina, Deine Geschichten, bzw. Übersetzungen sind wirklich sehr interessant.

Britula
1.February.2009, 21:06
Hallo Bettina,

....vielen, vielen Dank für all Deine Mühe und die sehr spannenden Berichte. :Knuddel:
Freu mich schon auf mehr !

Kretamum
17.February.2009, 20:01
Für Bettina ... ein Echo aus der Presse ... :)

http://www.openpr.de/news/282744/Die-Sfakia-Hier-hielt-sich-kein-Eroberer.html